Vor wenige Jahren galt es nahezu als Landesverrat, wenn sich ein heimischer Spitzenpolitiker für die Verkleinerung der Kommission - und den damit verbundenen Verzicht auf den österreichischen EU-Kommissar - aussprach. Unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel schwang sich Österreich sogar zum Fürsprecher der kleinen EU-Länder auf, die an der Regelung "ein Kommissar pro Land" festhalten wollen. Aktuell gehören 28 Mitglieder der Brüsseler Kommission an - entsprechend der Anzahl der Mitgliedsländer.
Außenminister Sebastian Kurz bricht mit einem alten Dogma - nicht um Österreich zu schwächen, sondern als Teil eines umfassenden Konzepts zur Verschlankung der Kommission und Entbürokratisierung der Union. Kurz kann sich eine Halbierung des derzeit 28-köpfigen Brüsseler Leitungsgremiums vorstellen. Ein Rotationsprinzip würde sicherstellen, dass jedes der heute 28 und bald nur noch 27 EU-Länder gleich oft vertreten ist - und nicht größere Länder bei der Nominierung von Kommissare bevorzugt werden.
"Die EU ist zu schwach in den großen Fragen und zu dominant bei Nebensächlichkeiten", so Kurz sehr grundsätzlich bei einem Pressegespräch. "Die EU ist immer wieder falsch abgebogen, in der Flüchtlingskrise, bei der Überschuldung. Außerdem haben wir ein Problem der mangelnden Fokussierung. Das wollen wir während unteres Vorsitzes angehen."
Bekanntlich will der Außenminister in den nächsten eineinhalb Jahren die anderen EU-Ländern von einer Schwerpunktverlagerung der EU überzeugen. So kann sich Kurz den Ausbau einer gemeinsamen Grenzschutztruppe vorstellen. Auch sollte der EU-Kommissionspräsident künftig direkt vom Volk gewählt werden. Die Reduzierung der Zahl der Kommissare geht mit einer Verkleinerung des Kommissionsapparats einher. Ein besonderes Dorn im Auge ist dem Außenminister die Überregulierung (Allergenverordnung, Tabakregelung, etc), Kurz kann sich einen "Subsidiaritätspakt" vorstellen.
Austria Center angemietet
Kurz gab bei dem Pressegespräch bekannt, dass man für den EU-Vorsitz bereits das Austria Center (ehemaliges Konferenzzentrum) als permanenten Tagungsort angemietet habe. Wie bereits 1998 und 2006 werden auch diesmal informelle Ministerräte in den Bundesländer stattfinden. Details zu möglichen Örtlichkeiten sind noch nicht fixiert.