Etliche EU-Staaten haben einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge weiter Defizite bei der Bewältigung der drängendsten sozialpolitischen Herausforderungen. Die größte Reformlücke wird dabei im Bildungsbereich gesehen, wie das am Dienstag veröffentlichte "EU-Reformbarometer" der Stiftung ergeben hat. Auch Österreich liegt hier im untersten Drittel der EU-Staaten.
Am geringsten waren demnach die bildungspolitischen Reformaktivitäten in Griechenland, Litauen und Spanien. Großbritannien wiederum sei zwar überdurchschnittlich aktiv gewesen, in manchen Fällen jedoch mit negativen sozialen Folgen. Als Beispiel nennen die Experten die zum Teil drastische Erhöhung von Studiengebühren.
Österreich liegt auf Platz 14 der 22 EU-Staaten. Laut den für die Studie befragten Experten gibt es hierzulande "großen Reformbedarf, um den starken Einfluss von sozioökonomischem Hintergrund auf den Lernerfolg der Schüler zu mindern", wie die Bertelsmann-Stiftung mitteilte. Positive Effekte werde das verpflichtende Gratis-Kindergartenjahr sowie der Ausbau von Gesamtschulen haben, Kritik gibt es an den Aktivitäten, die Flüchtlinge betreffen, insbesondere die Kappung der Mindestsicherung.
Ein besonders niedriges Reformniveau zeige sich im europäischen Vergleich im Bereich des lebenslangen Lernens. In zehn Ländern fanden laut Experten keinerlei Reformen statt, die darauf abzielen, die finanziellen oder personellen Ressourcen für lebenslanges Lernen zu verbessern. Einen großen Reformbedarf sehen die Wissenschafter darüber hinaus in vielen Ländern in Bezug auf den starken Einfluss der sozialen Herkunft auf den Bildungserfolg. Sechs Länder waren nach Auskunft der Experten in dieser Hinsicht gar nicht aktiv: Kroatien, Finnland, Griechenland, Ungarn, die Slowakei und Spanien.
Die Studie basiert auf einer europaweiten Expertenbefragung, an der über 1.000 Wissenschafter teilgenommen haben. Diese haben sozialpolitische Reformen zwischen Mitte 2014 und Anfang 2016 in fünf Dimensionen untersucht: Armut, Bildung, Arbeitsmarkt, sozialer Zusammenhalt und Nichtdiskriminierung sowie Gesundheit.
In der Gesamtbetrachtung liegt Österreich auf dem siebenten Platz aller 23 untersuchten EU-Staaten. Besonders schlecht schneidet Österreich im Bereich sozialer Zusammenhalt (Platz 14 von 18) ab, dagegen liegt es im Gesundheitsbereich auf dem zweiten Platz aller untersuchten Staaten. Im oberen Feld liegt Österreich auch bei Armutsbekämpfung (Platz 9 von 27) und dem Zugang zum Arbeitsmarkt (Platz 5 von 19).