Ein freier öffentlicher Meinungsaustausch ist nach Ansicht des Menschenrechtskommissars des Europarats in der Türkei immer weniger möglich. "Der Raum für eine demokratische Debatte in der Türkei ist alarmierend geschrumpft", erklärte Nils Muiznieks am Mittwoch in Straßburg. "Unter dem laufenden Ausnahmezustand ist die Situation bedeutend schlechter geworden."
Nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 wurde in dem Land ein inzwischen zweimal verlängerter Ausnahmezustand verhängt. Dadurch kann Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan per Dekret regieren. In der Folge wurden Zehntausende aus dem Staatsdienst entlassen und zahlreiche Medien geschlossen.
"Sehr gefährlicher Weg"
Die Türkei sei damit auf einem "sehr gefährlichen Weg", heißt es in dem Bericht des Menschenrechtskommissars. Legitime Kritik an der Regierung werde herabwürdigt und unterdrückt. Auf die Missstände angesprochen tendierten die türkischen Behörden dazu, die Dinge kleinzureden, heißt es weiter.
Das größte Hindernis für eine Besserung der Situation sei "der fehlende politische Wille". Muiznieks schreibt im Gegenteil, dass "die außerordentliche Intoleranz öffentlicher Personen gegenüber der Meinungsfreiheit Hetzkampagnen, Hassreden und körperliche Gewalt ermöglicht oder ermutigt" habe. Von der Justiz könne in der derzeitigen Lage nicht erwartet werden, dass sie sich gegen den "überwältigenden politischen Druck" zur Wehr setzt.
Die Türkei ist seit 1950 im Europarat, der die Einhaltung der Menschenrechte in seinen Mitgliedstaaten kontrolliert.