Der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird neuer deutscher Bundespräsident. Der 61-jährige SPD-Politiker erhielt bei der Wahl in der Bundesversammlung am Sonntag in Berlin im ersten Wahlgang 931 von 1.239 gültigen Stimmen und damit wie erwartet die nötige Mehrheit.

Wahl angenommen

Steinmeier nahm die Wahl an. Er soll am 19. März die Nachfolge von Joachim Gauck (77) antreten, der aus Altersgründen auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte.

Der gewählte Bundespräsident hat die Deutschen in seiner ersten Rede zu einem mutigen Blick in die Zukunft aufgerufen. Deutschland sei in "stürmischen Zeiten" für viele Menschen in der Welt zu einem "Anker der Hoffnung" geworden, sagte Steinmeier nach seiner Wahl durch die Bundesversammlung am Sonntag in Berlin.

"Und wenn wir anderen Mut machen wollen, dann brauchen wir selber welchen." Steinmeier sagte, dass er die Wahl zum Bundespräsidenten mit "großer Freude" annehme. Zugleich habe er weiter "großen Respekt" vor dem Amt. Denjenigen, die ihn nicht unterstützt hätten, verspreche er: "In Respekt vor dem Vielklang der Stimmen in unserer Demokratie werde ich dafür arbeiten, auch ihr Vertrauen zu gewinnen."

Staatsoberhaupt in schwierigen Zeiten

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich hochzufrieden mit der Wahl des Sozialdemokraten Steinmeier zum neuen Staatsoberhaupt gezeigt. "Ich bin überzeugt, er wird ein hervorragender Bundespräsident sein", sagte Merkel nach der Wahl Steinmeiers am Sonntag im Reichstag in Berlin. Er werde Staatsoberhaupt in "schwierigen Zeiten", fügte sie hinzu, ohne die Probleme aber im einzelnen zu benennen.

Sie traue Steinmeier hinzu, "dass er unser Land sehr gut begleiten wird", sagte Merkel weiter. Sie kenne ihn seit vielen Jahren und habe stets gut mit ihm zusammengearbeitet. Steinmeier habe "in schwierigen Situationen immer Fingerspitzengefühl" bewiesen. Diese Eigenschaft werde ihm auch im neuen Amt "sicher sehr gut helfen".

Für Steinmeiers Gegenkandidaten Christoph Butterwegge von der Linken stimmten 128 Wahlleute. Der Bewerber der rechtspopulistischen AfD, Albrecht Glaser holte 42 Stimmen, der Fernsehrichter Alexander Hold als Kandidat der Freien Wähler 25 und der von der Piratenpartei vorgeschlagene Engelbert Sonneborn 10 Stimmen. Es gab 103 Enthaltungen und 14 ungültige Stimmen.

Gemeinsamer Kandidat der Koaltion

Steinmeier war als gemeinsamer Kandidat der regierenden Großen Koalition aus Christ- und Sozialdemokraten ins Rennen gegangen. CDU/CSU und SPD hatten zusammen 923 Delegierte. Allerdings hatten zuvor auch Grüne (147 Wahlleute) und Liberale (36) ihre Zustimmung zu Steinmeier signalisiert. Es ist daher möglich, dass etliche Christdemokraten Steinmeier die Zustimmung verweigerten.

Der Bundespräsident hat in Deutschland vor allem repräsentative Aufgaben und wenig reale politische Macht. Er wird nicht direkt gewählt, sondern von einer Bundesversammlung, die nur zu diesem Zweck zusammentritt. Sie besteht aus den Abgeordneten des Bundestages und ebenso vielen Vertretern der 16 Bundesländer. Der Bundespräsident wird für fünf Jahre gewählt und kann einmal wiedergewählt werden.

Bei der Wahl von Gaucks Nachfolger hatte keines der beiden großen politischen Lager (Mitte-Links und Mitte-Rechts) eine Mehrheit. Seit 2013 regieren CDU/CSU und SPD in einer Großen Koalition. Nachdem SPD-Chef Sigmar Gabriel im Herbst Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten ins Gespräch gebracht hatte, verzichteten die Unionsparteien angesichts unsicherer Mehrheiten auf einen eigenen Bewerber und stellten sich hinter den SPD-Mann.

Zwölfter Bundespräsident

Der in Deutschland populäre Steinmeier wird der zwölfte Bundespräsident seit Gründung der Bundesrepublik 1949, aber erst der dritte SPD-Politiker im höchsten Staatsamt. Er war von 2005 bis 2009 und dann wieder ab Ende 2013 deutscher Außenminister. Wegen seiner Kandidatur gab er die Leitung das Auswärtigen Amtes am 27. Jänner an Vizekanzler Gabriel ab, der bis dahin Wirtschaftsminister gewesen war.

Die Kür Steinmeiers vom Sonntag war in Deutschland der Auftakt zum Wahljahr 2017. Im Frühjahr werden drei Landtage und am 24. September der Bundestag neu gewählt. Bundeskanzlerin Angela Merkel kämpft dann als Spitzenkandidatin von CDU/CSU um eine vierte Amtszeit. Die SPD schickt als Herausforderer den früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz ins Rennen. Dieser soll am 19. März auch Gabriel als SPD-Chef ablösen. Seit seiner Nominierung Ende Jänner sind die Umfragewerte für die Sozialdemokraten gestiegen.