Die Vereinigten Staaten und Japan sind nicht nur für sich genommen riesige Wirtschaftsmächte. Sie sind ökonomisch auch eng verflochten. Die rauen Töne des US-Präsidenten haben in Tokio viele Beobachter verunsichert. Nun soll eine Reise die Wogen glätten.
Die größte und drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sind stark vernetzt - doch die Abschottungspläne von US-Präsident Donald Trump haben in Japan erhebliche Sorgen ausgelöst. Ein Besuch von Ministerpräsident Shinzo Abe in Washington dürfte sich am Freitag neben der Außen- und Sicherheitspolitik daher auch um die ökonomischen Beziehungen drehen. Eine Übersicht zentraler Punkte:
Wie steht es um die wirtschaftlichen Verbindungen beider Länder?
Trump hat mit Vorwürfen gegen Tokios Handels- und Währungspolitik die "Japan AG" beunruhigt. Japaner würden wegen unfairer Handelsbarrieren nicht genug US-Autos kaufen, während sie durch Manipulationen des Yen gleichzeitig eigene Exporte auf den US-Markt spülten. Den Autobauer Toyota ging Trump wegen dessen Plan an, ein Werk in Mexiko zu bauen.
Das alles erinnert Beobachter stark an die 1980er Jahre, als sich die Asiaten schon einmal einem "Japan Bashing" ausgesetzt sahen. Auch damals klagten die USA über ein hohes Handelsdefizit, warfen Tokio Handelsschranken und billige Autoexporte vor. Später nahmen etwa auch US-Importe japanischer Unterhaltungselektronik zu.
Kritisiert Trump Japans Handels- und Investitionspolitik zurecht?
Toyota und andere Hersteller haben einen Teil ihrer Produktion längst in die USA selbst verlagert. Dass US-Konkurrenten ihrerseits relativ wenige Wagen in Japan verkaufen, hat eher etwas mit Kundenwünschen als Handelsbarrieren zu tun: Breite US-Schlitten sind nicht geeignet für Japans schmale Straßen. Auf die USA entfallen zudem Japans größte Direktinvestitionen im Ausland - insgesamt 460 Mrd. Dollar (430 Mrd. Euro)
Allein Toyota hat in den vergangenen 60 Jahren 22 Mrd. Dollar in den USA investiert, betreibt dort zehn Produktionsstätten und beschäftigt 136.000 Menschen. Der Telekom- und Technologieriese Softbank kündigte an, in den nächsten Jahren 50 Mrd. Dollar in den USA in die Hand zu nehmen und bis zu 50.000 Jobs zu schaffen. Japan verbuchte 2016 mit rund 70 Mrd. Dollar den zweithöchsten Überschuss im Handel mit den USA. Die Exporte dorthin überstiegen also die Importe von dort beträchtlich - allerdings deutlich weniger stark als im Beispiel Chinas (350 Mrd. Dollar Überschuss).
Wie sieht es beim Reizthema Währungen und Wechselkurse aus?
Nach Trumps Darstellung hat Japan mit seiner seit Jahren extrem lockeren Geldpolitik den Yen absichtlich abgewertet, um die eigenen Exporte anzukurbeln. Japanische Industriekonzerne, die große Teile ihres Geldes in Übersee verdienen, sind abhängig vom Wechselkurs: Jeder Anstieg um einen Yen zum Dollar lässt den Betriebsgewinn bei Toyota um 40 Mrd. Yen (343 Mio. Euro) sinken. Abes mitreisender Finanzminister Taro Aso betonte wiederholt, das tiefe Zinsniveau der Notenbank diene allein dazu, die heimische Deflation zu überwinden.
Was plant Tokio, um Trumps Wirtschaftskritik zu begegnen?
Abe will sich einer klassischen Methode bedienen, um die USA gütig zu stimmen: umfangreiche Wirtschaftspakete. Japans Presse nennt das die "Japan-US-Wachstums- und -Beschäftigungsinitiative". Von angeblich 400 Milliarden US-Dollar ist die Rede, die japanische Firmen in die US-Wirtschaft pumpen und Hunderttausende Jobs schaffen wollen. Es könnte um Hochgeschwindigkeitszüge gehen. Das rohstoffarme Japan könnte auch eine Steigerung seiner Gasimporte aus den USA anpeilen.
Und was sagen andere große Wirtschaftsmächte in Asien?
Geplant war eigentlich eine riesige Freihandelszone rund um den Pazifik, die transpazifische Partnerschaft (TPP). Trump hat seinen Rückzug daraus erklärt, Japan das Abkommen aber schon ratifiziert. Die Zone hätte 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung abdecken sollen, sie war ein wichtiger Bestandteil der Handelspolitik der Regierung Abe. Dieser zeigte sich nun bereit, mit den USA über ein bilaterales Abkommen zu reden. Ein solcher Deal könnte für Japan jedoch härter als TPP sein, weil es mit US-Importzöllen rechnen muss.
Im Hintergrund reibt sich schon der große Rivale China die Hände. Das Land - in mittlerer Frist Aspirant auf die Nachfolge der politisch und wirtschaftlich dominierenden USA - könnte in die Lücke springen, die Washington durch den Verzicht auf TPP im Pazifik reißen dürfte. Gerade erst trat ausgerechnet Chinas Staatschef Xi Jingping auf dem Weltwirtschaftsforum als großer Befürworter des Freihandels auf.
Warum ist freier Handel denn überhaupt so ein wichtiges Thema?
Ökonomen haben über Jahrzehnte viele Vorteile offener internationaler Handelsbeziehungen herausgearbeitet. Allgemein angenommen wird, dass Staaten sich bei einem freien Güteraustausch auf ihre jeweils eigenen Stärken konzentrieren und spezialisieren können. So sollen am Ende "Positivsummenspiele" und Wohlfahrtsgewinne für alle entstehen. Gibt es Schranken wie Zölle ("tarifäre Hemmnisse") oder unterschiedliche regulatorische und technische ("nichttarifäre") Standards, müssen sie aus Sicht der liberalen Handelstheorie schrittweise abgebaut werden.