Eine Woche vor seinem Amtsantritt steht der künftige US-Präsident Donald Trump wegen eines heiklen Geheimdossiers über seine Beziehungen zu Russland massiv unter Druck. Die "falschen Anschuldigungen" seien von politischen Gegnern und einem "gescheiterten Spion" zusammengestellt worden, wehrte sich Trump am Freitag. Bisher gibt es für den belastenden Bericht keine Belege.
US-Medien hatten erstmals am Dienstag unter Berufung auf US-Geheimdienste berichtet, Russland verfüge über belastende Informationen über das Privatleben und die Finanzen des Immobilienmilliardärs. Demnach könnte Trump durch das heikle Material erpressbar sein. In dem 35-seitigen Papier, das vom Internetportal "Buzzfeed" in voller Länge veröffentlicht wurde, ist unter anderem von einem Sexvideo mit russischen Prostituierten in einem Moskauer Hotelzimmer von Trump die Rede.
"Komplett erfunden"
Trump bezeichnete das Dossier am Freitag erneut als "komplett erfunden". Russland habe bereits versichert, dass "nichts existiert", schrieb der designierte Präsident im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er machte "Widerlinge" aus den Reihen von Republikanern und Demokraten für das Auftauchen des Papiers verantwortlich. "Geheimdienste" hätten es in dem Wissen veröffentlicht, dass es "keinen Beweis" gebe.
US-Medienberichten zufolge hatte Trump am Freitag vergangener Woche von den US-Geheimdienstchefs eine zweiseitige Zusammenfassung des Berichts erhalten. US-Geheimdienstdirektor James Clapper versicherte jedoch, dass das Papier nicht von den US-Geheimdiensten in Umlauf gebracht worden sei.
Der Geheim-Bericht war von einem früheren Agenten des britischen Geheimdienstes MI6 erstellt worden. Der Ex-Agent Christopher Steele beschaffte die Informationen laut Medienberichten im Auftrag von Trump-Gegnern aus den USA: Rivalen innerhalb von Trumps Republikanischer Partei und später die Demokraten seiner bei der US-Präsidentschaftswahl unterlegenen Kontrahentin Hillary Clinton sollen ihn engagiert haben, um belastendes Material gegen Trump zu sammeln.
Autor abgetaucht
Steele ist einer der Chefs der Londoner Firma "Orbis Business Intelligence" und tauchte nach der Veröffentlichung des Papiers ab. Orbis-Co-Chef Chris Burrows wollte im "Wall Street Journal" eine Beteiligung seiner Firma an der Erstellung des Bericht "weder bestätigen noch dementieren".
Steeles frühere Arbeit wird von Geheimdienstmitarbeitern in den USA als vertrauenswürdig eingestuft. Im "Wall Street Journal" und im britischen "Telegraph" hieß es unter Berufung auf einen ehemaligen CIA-Agenten, Steele habe in den 90er Jahren in Moskau einige Jahre lang als Diplomat getarnt für den MI6 gearbeitet und genieße im Geheimdienstmilieu einen guten Ruf.
Ein früherer britischer Außenamtsmitarbeiter und Freund Steeles sagte dem "Guardian", dass Steele niemals Fälschungen abliefern würde. Er sei kein Mensch, der einfach "Klatsch weitergibt". In einen Bericht nehme er nur Dinge auf, denen er "ausreichend Glaubwürdigkeit" beimesse.
Unterstützung aus Russland?
Ein Ex-Geheimdienstmitarbeiter sagte allerdings der Nachrichtenagentur AFP, dass Steele vermutlich noch einen russischen Mitarbeiter engagierte. Seiner Einschätzung nach kopierte Steele offenbar unter Zeitdruck von dem Russen zugelieferte Informationen in den Bericht, was auch Grammatik- und Schreibfehler in dem Dokument erklären könnte.
In den vergangenen Wochen hatte Trump immer wieder Geheimdienst-Befunde über russische Hackerangriffe im US-Wahlkampf infrage gestellt und auch allgemein Zweifel an der Arbeit der Dienste geäußert, auf deren nachrichtendienstliche Expertise US-Präsidenten eigentlich angewiesen sind. Diese Woche räumte er dann erstmals ein, dass es die russischen Hacker-Angriffe gegeben habe. Eine Auswirkung auf das Wahlergebnis bestreitet Trump jedoch.
Bericht über Hacker-Angriffe
Allerdings kündigte Trump am Freitag ebenfalls über Twitter an, wenige Wochen nach seinem Amtsantritt einen Bericht über Hackerangriffe vorlegen zu wollen. Sein Stab werde diesen innerhalb von 90 Tagen zusammenstellen. Er ließ offen, welche Vorfälle der Bericht untersuchen soll.