Ausnahmezustand in Berlin: Seit Mittwoch weilt der scheidende US-Präsident Barack Obama zum Abschiedsbesuch bei Kanzlerin Angela Merkel in der deutschen Hauptstadt.
Heute Vormittag stoßen die Premiers von Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien dazu, um in kleiner Runde über große Themen wie TTIP, Griechenland, den Brexit, die Ukraine, Syrien und die Flüchtlingskrise zu reden.
Gute zwei Stunden konferierte Obama gestern mit Merkel, am Vorabend war er bereits drei Stunden mit der Kanzlerin beim Abendessen zusammengesessen im Hotel Adlon. Es ist ein ausführlicher Besuch in Deutschland, deren Kanzlerin US-Medien als letzte verbliebene „Führerin der freien Welt“ bezeichnen. Symbolbeladener könnte eine Reise kaum sein. Es wirkt wie eine Übergabe, die Weitergabe des Staffelstabs der internationalen Bedeutung – nicht an Trump, sondern an Merkel.
Merkel blieb bei Trump diplomatisch
Trump aber war bei der abendlichen Pressekonferenz der zwei unsichtbar mit im Raum. Er habe Trump gesagt, dass ein Wahlkampf etwas anderes sei als das Regieren, und hoffe, „dass das etwas ist, worüber er nachdenkt“. Obama vermied es, Trump beim Namen zu nennen, warnte aber: „Wenn man das Amt nicht ernst nimmt, wird man es nicht lange behalten.“ Merkel blieb diplomatischer. Sie setze darauf, mit Trump gut zusammenzuarbeiten, sagte sie.
Fällt ihr der Abschied von Obama schwer, wurde sie gefragt. „Klar. Aber Demokratie lebt vom Wechsel.“ Fast schroff klang das, vor allem, weil Obama sie davor schwärmerisch gelobt hatte. Er hatte sie als überragend bezeichnet und als großartige Freundin.
Es wirkte nicht, als wäre da die große Herzlichkeit entstanden. Aber Merkel kämpfte in der Pressekonferenz gegen einen Hustenreiz. Zudem würden zu große Wehmutsbekundungen das Gespräch mit Trump nicht einfacher machen.
Man könnte das als Zeichen nehmen, dass Merkel sich entschlossen hat, wieder als Kanzlerkandidatin anzutreten. Obama sagte, sie werde in diesem Fall „eine schwere Last tragen“. Aber Merkel sei tough. Und dann gab er eine Wahlempfehlung ab, eine, die das Protokoll gerade noch zulässt. „Wäre ich Deutscher und könnte wählen, würde ich sie vielleicht unterstützen“, sagte er.
Von Daniela Vates