Marine Le Pen hielt sich im französischen Präsidentschaftswahlkampf bisher auffällig zurück. Nach der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten meldete sich die Chefin der rechtspopulistischen Front National (FN) aber sehr rasch zu Wort. Der Überraschungssieg sei eine "gute Nachricht" für Frankreich, so ihr Fazit.
Schon vor der US-Wahl hatte sich die 48-Jährige ganz unbescheiden mit dem Republikaner verglichen: "Wir ähneln uns, weil wir beide nicht dem Establishment angehören und nicht Teil des Systems sind", sagte sie dem TV-Sender CNN.
Le Pen will den angekündigten EU-Austritt Großbritanniens (Brexit) und das von Trump ausgelöste politische Erdbeben in den USA nutzen, um ihren möglichen Einzug in den Élyséepalast 2017 glaubhaft zu machen.
Kämpferisch-aggressiv
Der Ton ist kämpferisch, bisweilen aggressiv. Das Volk gegen das "System", die sogenannten Eliten aus Politik und Medien - so oder ähnlich lautet die Linie. Schon seit langem vertritt sie radikale Positionen gegen Europa, offene Grenzen oder Ausländer. Falls sie die Wahl im kommenden Frühjahr gewinnt, will sie ihre Landsleute in einem Referendum über einen EU-Austritt abstimmen lassen.
Chancen für Le Pen
Umfragen in Frankreich bestätigen zwar nicht das Szenario eines Le-Pen-Sieges. Doch die mächtige Parteichefin mit der blonden Haarmähne hat sehr gute Chancen, bei entscheidenden Stichwahl am 7. Mai kommendes Jahres anzutreten. Wahrscheinlicher Gegner: ein Kandidat der bürgerlichen Rechten. Genannt werden Ex-Premier Alain Juppe oder Altpräsident Nicolas Sarkozy. Kann "Sarko", der eine harte Linie gegen Einwanderung und Terrorverdächtige fährt und damit auch auf FN-Wähler abzielt, vom "Trump-Effekt" profitieren? Das wird die Vorwahl der Rechten Ende des Monats zeigen.
Wahl in Österreich
Französische Kommentaren berichten, dass Le Pen sehr genau nach Österreich schaut. Dort wird am 4. Dezember im dritten Anlauf ein neuer Bundespräsident gewählt. Der Kandidat der rechten FPÖ, Norbert Hofer, liegt laut Umfragen knapp vor dem ehemaligen Grünen-Chef Alexander van der Bellen.
"Die FPÖ wird versuchen, das als Rückenwind zu interpretieren", meint der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier mit Blick auf den Trump-Sieg. Er sieht aber einen ganz wesentlichen Unterschied zur US-Wahl: "Trump hat gewonnen, weil er kein Politiker war und selbst gegen seine eigene Partei agiert hat." Hofer sei hingegen als stellvertretender Nationalratspräsident seit Jahren Teil des politischen Systems in Österreich.
Wahl in Italien
Der 4. Dezember ist auch für Italien ein ganz wichtiges Datum. Italiens Populisten, die selbsternannten "Trumpisti", wittern nun erst Recht, dass Regierungschef Matteo Renzi über sein höchst umstrittenes Verfassungsreferendum stürzen könnte. Damit wäre der Weg für eine neue Regierung geebnet, bei der dann auch die Populisten eine Rolle spielen könnten.
"Wir haben immer daran geglaubt: an den Sieg des Volkes gegen die starken Mächte. Heute in Amerika, morgen in Italien", bekannte der Chef der ausländerfeindlichen Lega Nord, Matteo Salvini, auf seiner Facebook-Seite. Eine Ohrfeige für die Mächtigen sieht auch der Gründer der Fünf-Sterne-Protestbewegung, Beppe Grillo. Beide Oppositionsparteien führen einen Wahlkampf, bei dem es nur so kracht. Haben sie Chancen? Umfragen deuten auf mehr Nein-Stimmen hin. Viele Befragte sind allerdings noch unentschlossen.
Wahlen in den Niederlanden
In vielen europäischen Ländern stehen im kommenden Jahr Wahlen auf dem Programm. In den Niederländen bringt sich Rechtspopulist Geert Wilders für das Votum Mitte März in Stellung. Ihm werden große Gewinne vorhergesagt. Der umstrittene Top-Politiker mit der blond gefärbten Haartolle teilte mit Trump Themen wie die Forderung nach einem Immigrations-Stopp für Muslime. "Er ist einer von uns, und ich denke, dass das, was in Amerika geschieht, auch bei uns geschehen kann", bilanziert Wilders.
Seine Partei für die Freiheit (PVV) könnte laut Umfragen stärkste politische Kraft werden. Das Wahlsystem macht es jedoch faktisch unmöglich, dass Wilders die absolute Mehrheit der 150 Sitze in der Zweiten Kammer des Parlaments erhält. Eine Koalition mit der PVV schlossen etablierte Parteien bisher aus.
Tschechien
In Tschechien wird spätestens im Herbst 2017 ein neues Parlament gewählt. Die liberal-populistische ANO-Partei von Finanzminister Andrej Babis könnte einer Umfrage zufolge mit 34 Prozent stärkste Kraft werden. Der Unternehmer und Milliardär stimmt mit Trump in einigen Fragen überein: "Er bietet klare Lösungen für die Migrationsfrage an. Er ist ein Geschäftsmann, der nicht von der Politik, sondern von seinem selbst verdienten Geld lebt. Seine Rhetorik ist politisch inkorrekt, aber meine ebenfalls."
Es gibt in Europa auch Rechtspopulisten, die Distanz zu Trump halten: Der Chef der Dansk Folkeparti (DF), Kristian Thulesen Dahl, sagte vor der Wahl, er unterstütze weder Trump noch dessen demokratische Herausforderin Hillary Clinton. Nach dem Votum wurde er dann deutlicher: Trumps Triumph sei "eine riesengroße Brüskierung" für die Elite, zu der Clinton gehöre.