Sie wurden von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) im Norden des Irak verschleppt, monatelang misshandelt, vergewaltigt und zu Sexsklavinnen gemacht - nun erhalten Nadia Murad Basee und Lamiya Aji Bashar für ihren Mut den diesjährigen Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments.
Das Schicksal der beiden jungen Frauen, die der religiösen Minderheit der Jesiden angehören, steht stellvertretend für das von Tausenden Frauen dieser kurdischsprachigen Volksgruppe im Irak: Im August 2014 fielen IS-Kämpfer in ihr Dorf Kocho ein, ermordeten zahlreiche Männer und entführten Frauen und Kinder. Wie andere Mädchen und Frauen wurden die damals 21 Jahre alte Murad und die nur 16 Jahre alte Aji Bashar nach Mosul verschleppt - nachdem zuvor mehrere Mitglieder ihrer Familie vor ihren Augen ermordet wurden. Dann wurden die jungen Frauen an Männer verkauft, die sie vergewaltigten und misshandelten.
Murad gelang es nach drei Monaten, ihren Peinigern zu entkommen. Über Griechenland gelangte sie nach Deutschland, wo sie heute im Exil lebt. Seither prangert die junge Frau unermüdlich die Verbrechen an den Jesiden an. Im September wurde sie zur UN-Sonderbotschafterin für die Würde der Opfer von Menschenhandel ernannt, im Oktober erhielt sie bereits den Vaclav-Havel-Preis des Europarats.
Noch tragischer ist das Schicksal von Aji Bashar. Sie blieb 20 Monate lang in der Gewalt von IS-Milizen. Aji Bashar sei eine "bemerkenswert starke Person", sagt der Psychiater Jan Kizilhan, der die junge Jesidin in Deutschland behandelt. Sie habe Dinge erlitten, die er niemandem wünsche. Die Jihadisten hätten die Jugendliche mehrfach an Männer verkauft, sie sei immer wieder vergewaltigt worden.
Nach mehreren misslungenen Fluchtversuchen konnte Aji Bashar schließlich mit zwei Freundinnen fliehen. Auf dem Weg zur Stadt Kirkuk trat eine der jungen Frauen auf eine Landmine und wurde getötet. Aji Bashar kam mit dem Leben davon, erlitt aber schwere Verbrennungen im Gesicht und verlor ein Auge. Heute lebt sie bei ihrer Schwester im Süden Deutschlands.
Murad warf der internationalen Gemeinschaft wiederholt vor, die Augen vor dem Schicksal der Jesiden zu verschließen. Diese seien heute Opfer eines Völkermordes, sagte sie am 10. Oktober bei der Preisverleihung im Europarat: "Doch die freie Welt reagiert nicht."