Nach der Festnahme des terrorverdächtigen Syrers Jaber A. in Deutschland hat der deutsche Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die mutmaßlich von dem Mann ausgehende Gefahr hervorgehoben. "Aus meiner Sicht war es fünf vor Zwölf", sagte Maaßen am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Es sei ein "großartiger Erfolg der deutschen Sicherheitsbehörden".
Dem Verfassungsschutz liegen demnach keine Hinweise auf ähnliche Anschlagspläne vor. Zwar gebe es "viele Hinweise auf mögliche Anschlagsplanungen in Deutschland" in "unterschiedlicher Art und Güte", sagte Maaßen. "Dieser Art nicht", sagte er jedoch mit Hinweis auf den mutmaßlich geplanten Anschlag des 22-Jährigen.
Der in Leipzig unter Terrorverdacht festgenommene Syrer sollte offenbar im Auftrag des IS die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland angreifen. Das sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, am Montagabend der ARD. "Wir hatten Hinweise - nachrichtendienstliche Hinweise -, dass er zunächst einmal Züge in Deutschland angreifen wollte. Zuletzt konkretisierte sich dies mit Blick auf Flughäfen in Berlin."
Größerer Anschlag verhindert
Schon Anfang September habe es Hinweise gegeben, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen Anschlag auf Infrastruktureinrichtungen in Deutschland geplant habe. "Wir haben - man kann sagen - bis Donnerstag letzter Woche gebraucht, um herauszufinden, wer ist dafür in Deutschland verantwortlich", sagte Maaßen.
Am Freitag hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz den Hinweis auf Al-Bakr an die sächsische Polizei weitergegeben. Eine Festnahme am Samstag in Chemnitz war zunächst fehlgeschlagen. Durch die Ergreifung des 22-Jährigen am Montag in Leipzig wurde nach Angaben der Ermittlungsbehörden ein größerer Anschlag wie in Frankreich oder Belgien verhindert.
Als er am Freitag "in einem Ein-Euro-Shop Heißkleber kaufte", seien "alle Maßnahmen in Bewegung gesetzt" worden, "damit ein Zugriff erfolgte", sagte Maaßen in dem Interview. Die Sicherheitsbehörden seien nach dem Kauf des Heißklebers davon ausgegangen, dass dies "im Grunde genommen die letzte Chemikalie" sein könnte, "die für ihn notwendig war, um eine Bombe herzustellen".
Merkel dankt Syrern
Eine entscheidende Rolle bei der Festnahme spielten zwei syrische Flüchtlinge, bei denen der 22-Jährige Unterschlupf finden wollte. Sie alarmierten die Polizei, nachdem sie ihn in ihre Wohnung gebracht hatten.
Laut "Spiegel" konnten die Beamten den Mann bereits gefesselt festnehmen. Er soll demnach am Leipziger Hauptbahnhof einen Landsmann angesprochen und gefragt haben, ob er bei ihm schlafen könne. Der Syrer lud ihn demnach zu sich ein und informierte die Polizei.
Wollte sich freikaufen
In der Wohnung der Flüchtlinge konnte der Mann überwältigt und gefesselt werden. Den Syreren war der Fahndungsaufruf der Polizei auf Facebook aufgefallen. Der mutmaßliche Terrorist wollte sich noch freikaufen, wie verschiedene Medien berichten. "Er hat versucht, uns mit Geld zu bestechen", sagte Mohammed A. am Montag gegenüber RTL. Doch die Flüchtlinge ließen sich nicht erweichen. "Ich war total wütend auf ihn. So etwas akzeptiere ich nicht - gerade hier in Deutschland, dem Land, das uns die Türen geöffnet hat", sagte A.
Die nach Terrorakten durch Flüchtlinge massiv unter Druck geratene deutsche Kanzlerin Angela Merkel dankte dem Syrer, "der die Polizei über den Aufenthaltsort des Verdächtigen informiert hat und somit entscheidend zur Festnahme beigetragen hat". Anerkennung für den "mutigen und verantwortungsbewussten syrischen Mitbürger" kam auch vom sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich.
Große Menge Sprengstoff
Wie der Generalbundesanwalt Peter Frank am Montagabend in den ARD-"tagesthemen" sagte, hatte der Verdächtige bereits "eine sehr große Menge" eines "sehr hochexplosiven Sprengstoffs" hergestellt. Dafür sei "spezielles Know-how notwendig" gewesen. Deswegen habe die Bundesanwaltschaft auch die Ermittlungen übernommen.
Bei der Durchsuchung einer von ihm genutzten Wohnung in Chemnitz hatten die Ermittler nach Angaben der Behörde am Samstag eineinhalb Kilogramm hochexplosiven Sprengstoffs sowie weiteres Material gefunden, das zur Herstellung einer Sprengstoffweste geeignet gewesen sei.
Generalbundesanwalt Frank sagte in der ARD auf die Frage, ob die Terrorgefahr durch die Flüchtlingswelle des vergangenen Jahres gestiegen sei: "Deutschland ist schon seit längerer Zeit im Visier des islamistischen Terrorismus. Das sagen die Sicherheitsbehörden seit einigen Monaten und seit über zwei Jahren, das hat sich jetzt auch wieder realisiert. Wir müssen auch sehen, dass nicht nur durch Flüchtlinge Anschlagspläne und Anschläge nach Deutschland gekommen sind." So sei die Attacke auf einen Bundespolizisten in Hannover nicht von einem Flüchtling verübt worden.