Belgrad hat zum ersten Mal eine komplette Schließung seiner Staatsgrenzen für Flüchtlinge in Aussicht gestellt. Er werde dies der Regierung vorschlagen, wenn Ungarn, Österreich und Slowenien entsprechende Schritte setzen, sagte Staatspräsident Tomislav Nikolic der Zeitung "Vecernje novosti" (Dienstagsausgabe).
Serbien könne nicht zu einem Trichter werden, aus dem kein Wasser mehr abfließe, sagte Nikolic. Daher werde man trotz des Wunsches, Flüchtlingen zu helfen, die Grenzen schließen müssen. Diese wollten nämlich ohnehin nicht in Serbien bleiben, sagte er. Außerdem müsse Serbien nicht mehr als 5.000 bis 6.000 Flüchtlinge aufnehmen, sagte der Präsident offenbar in Anspielung auf das angedachte europäische Flüchtlingsquotensystem.
Flüchtlinge wandern Richtung Ungarn
Mehrere Hundert Migranten haben sich indes von der serbischen Hauptstadt Belgrad auf den Weg Richtung ungarische Grenze gemacht, um über die blockierte Balkanroute nach Westeuropa zu gelangen. Auf handgeschriebenen Bannern und in Sprechchören forderten sie offene Grenzen, wie Reuters-Augenzeugen am Dienstag berichteten.
Die Menge wanderte zunächst entlang des Flusses Save in Richtung Norden: "Wir wollen nicht in Serbien bleiben." Allerdings hat Ungarn einen Grenzzaun errichtet, der Flüchtlinge an der Weiterreise entlang der Balkanroute etwa nach Österreich oder Deutschland hindert.
Das lange Warten
Die Flüchtlingszahl in Serbien liegt nach Angaben der Behörden derzeit bei etwa 7.400. In Aufnahmezentren wurden landesweit 5.200 Flüchtlinge untergebracht. Sie alle warten auf eine Weiterreise nach Ungarn oder andere EU-Staaten.
Innenminister Nebojsa Stefanovic lobte gegenüber der Tageszeitung die "korrekten Beziehungen" mit Ungarn bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, wenngleich die Entscheidungen des Nachbarlandes Serbien "nicht immer das Leben erleichtert" hätten. Nach seinen Worten hindern die gemischten Grenzkontrollteams aus Militär und Polizei derzeit täglich 150 bis 200 Flüchtlinge an der Einreise aus Bulgarien und Mazedonien.