Vor Beginn der Herbststürme versuchen immer mehr Menschen, über das Mittelmeer Europa zu erreichen. Allein am Montag sind mehr als 6.000 Menschen aus Seenot gerettet worden, teilte die italienische Küstenwache mit. Neun Leichen wurden geborgen, sieben davon befanden sich an Bord eines einzigen Bootes. Auch in Griechenland steigt die Zahl der Neuankommenden wieder.

Laut der italienischen Küstenwache wurden vor der libyschen Küste am Montag insgesamt 6.055 Menschen aus Seenot gerettet. Demnach befanden sich die Flüchtlinge auf 32 Gummibooten, fünf Fischerbooten und zwei Flößen. An dem Rettungseinsatz waren drei Schiffe der Küstenwache, zwei der italienischen Marine, je eines der EU-Mission Eunavformed und der Grenzschutzagentur Frontex sowie Schiffe diverser Hilfsorganisationen beteiligt.

"Schreckliche, tödliche Reise"

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen teilte am Dienstag mit, sie allein habe mit ihren drei Rettungsschiffen innerhalb von weniger als sieben Stunden fast 2.000 Menschen von elf Booten gerettet. Viele der Rettungseinsätze seien dramatisch verlaufen, und einige Menschen mussten aufgrund ihres kritischen Gesundheitszustandes sofort auf das italienische Festland gebracht werden. Eine junge Schwangere starb kurz nach ihrer Rettung, noch bevor sie evakuiert werden konnte. "Es ist inakzeptabel, dass die Menschen auch im Jahr 2016 immer noch keine andere Wahl haben, als diese schreckliche, tödliche Reise anzutreten," kritisierte die NGO am Dienstag in einer Aussendung.

Unterdessen steigt offenbar auch die Zahl der neukommenden Flüchtlinge in Griechenland. Von Montag auf Dienstag kamen 280 von der türkischen Küste nach Griechenland, das teilte der griechische Flüchtlingskrisenstab am Dienstagmorgen mit. Innerhalb von vier Tagen kamen damit mehr als 600 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln an. Eine Woche zuvor waren es im selben Zeitraum lediglich 90 Menschen.

Ansturm auf Chios

Auf den griechischen Inseln ist die Lage angespannt. Insgesamt 14.600 Flüchtlinge halten sich auf Lesbos, Chios, Kos, Leros und Samos auf - fast doppelt so viele, wie die Flüchtlingslager der Inseln Aufnahmeplätze haben. Sowohl die Migranten als auch die Inselbewohner protestieren gegen die Zustände vor Ort, immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen und Zusammenstößen zwischen den Menschen. Vor allem auf Chios herrscht Angst vor einer Eskalation der Situation. Dort kommen derzeit die meisten Flüchtlinge an - von Montag auf Dienstag waren es 167. Insgesamt steigt die Zahl der Flüchtlinge auf Chios damit auf mehr als 4.000 Menschen - viermal so viele, wie in den beiden Auffanglagern mit einer Kapazität von 1.000 Stellen Platz finden.