Die britische Premierministerin Theresa May hat erstmals einen Hinweis darauf gegeben, wie der geplante Ausstieg Großbritanniens aus der EU (Brexit) ablaufen soll. In einem Interview mit der "Sunday Times", das am Sonntag teilweise veröffentlicht wurde, kündigte May an, sie werde bis Ende März das britische EU-Austrittsverfahren einleiten. Sie werde Artikel 50 der EU-Verfassung, der den Austrittsprozess aus der Europäischen Union einleitet, "vor Ende März kommenden Jahres" aktivieren, sagte May am Sonntag dem BBC-Fernsehen.

Mit einem Termin Anfang 2017 war bereits gerechnet worden, May hatte bisher aber lediglich gesagt, die Austrittserklärung werde nicht mehr in diesem Jahr erfolgen.

May kündigte zudem eine Gesetzesinitiative an, durch die EU-Recht in Großbritannien aufgehoben werden soll. Der sogenannte Great Repeal Bill (Großes Aufhebungsgesetz) soll demnach im kommenden Frühjahr bei der Thronrede der Queen verkündet und dann zur Abstimmung in die Parlamentskammern gehen.

Damit soll ein Gesetz von 1972 aufgehoben werden, mit dem Großbritannien der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) beigetreten war. Das Aufhebungsgesetz soll zudem den Vorrang von EU-Recht aufheben und alle EU-Regelungen in britisches Recht übertragen. Das britische Parlament soll diese dann auch ändern können.

Das Aufhebungsgesetz sei für Großbritannien die "erste Etappe", um "wieder ein souveränes und unabhängiges Land zu werden", sagte May der "Sunday Times". In Kraft treten soll das Gesetz aber erst, wenn Großbritannien tatsächlich aus der EU ausgetreten ist, wie May betonte.

Verhandlungen vor Herbst 2017

In Kraft treten soll das neue Abschaffungsgesetz aber erst, wenn Großbritannien tatsächlich aus der EU ausgeschieden ist. Damit wird spätestens zwei Jahre nach dem Beginn der Austrittsverhandlungen gerechnet. Wann diese beginnen sollen, ließ May weiterhin offen. Sie deutete lediglich an, dass sie sich nicht bis zur Bundestagswahl im Herbst 2017 Zeit lassen werde. Bisher wird davon ausgegangen, dass May die Austrittsverhandlungen Anfang kommenden Jahres beginnt.

Die Ankündigung kam kurz vor Beginn des Parteitags der britischen Konservativen am Sonntag in Birmingham. Erwartet wird, dass May die Gesetzesinitiative bei ihrer Auftaktrede am Nachmittag als entschiedenen Schritt in Richtung EU-Austritt präsentieren wird. Es handle sich um "den ersten Schritt dahin, dass Großbritannien wieder ein souveränes und unabhängiges Land" werde, sagte May der "Sunday Times".

Fraglich ist, ob es May bei der viertägigen Konferenz gelingen wird, ihre Partei auf eine gemeinsame Linie für die anstehenden Verhandlungen einzuschwören. Selbst innerhalb des Kabinetts ist heftig umstritten, ob Großbritannien zugunsten strengerer Einwanderungsregeln für EU-Bürger auf einen Zugang zum Europäischen Binnenmarkt verzichten sollte. May wollte sich bisher dazu nicht festlegen lassen. Gelegenheit, eine Linie vorzugeben, hat sie auch am Mittwoch, wenn sie die Abschlussrede zum Parteitag halten wird.