Hillary Clinton ist es gewohnt, dass sie ihr Fett abbekommt. Auch von den Modekritikern. Über lange Jahre hatten sie wenig Gutes über sie zu sagen. Ihr Hippie-Stil als junge Frau, die große Brille, das notorische Haarband, matronenhaften Röcke, und dann natürlich - o Schreck - die Frisur, das Gummiband.
Mehr als einmal beklagte die inzwischen 68-Jährige, dass nach wie vor bei Frauen immer auch darauf geachtet werde, wie sie aussehen, was sie tragen. "Euer Haar wird eine wichtige Botschaft aussenden", sagte sie beispielsweise 2001 ironisch in einer Rede vor Universitätsabsolventen. "Darüber, welche Hoffnungen ihr für die Welt habt, welche Hoffnungen und Träume für euer Haar."
Jetzt, in diesem Wahlkampf, wird immer noch bisweilen darüber gesprochen und geschrieben, was Clinton trägt. Aber der Tenor ist anders, das Urteil nahezu einhellig: Clinton hat ihren Stil gefunden, "einen zeitlosen ästhetischen Look, der für sie geeignet ist", wie etwa die "Washington Post" beschrieb.
Hosenanzug, ohne viel Tamtam
Hillary Clinton ist die Lady in Pants, die Frau im Hosenanzug, sei es in einem einzigen farblichen Guss oder als zweifarbiges Ensemble, eine Hose mit einem "Power-Jacket", ohne viel Tamtam. Keine Mode-Ikone wie manche Schauspielerinnen oder auch die Noch-First Lady Michelle Obama mit ihren ärmellosen Etuikleidern. Aber jemand, der sich einen bestimmten Stil zu eigen gemacht hat. Damit fühlt sie sich sichtlich wohl - als Frau, Politikerin und vor allem sie selbst, wie es gleich mehrere Medien formulierten.
Bisher verzichteten die meisten Medien darauf, der Frage nachzugehen, wie viel die Spitzenkandidatin der Demokraten eigentlich für ihre Wahlkampf-Garderobe ausgibt. Die "New York Post" gab trotzdem eine Schätzung ab - demnach waren es bisher ungefähr 200.000 Dollar - mit einer einzelnen Tweed-Jacke, die mehr als 12.000 Dollar (10.694,23 Euro) gekostet haben soll. Aber: Auch Donald Trump mag es gediegen, liebt Brioni-Anzüge, von denen die meisten Amerikaner nur träumen können.
Knallige Farben
Clintons klassischer Look sind Jacken - gerne in knalligen Farben wie Blau und Rot. Und oft sind sie an den Schultern schmal und in der Hüftgegend etwas weiter geschnitten. Als First Lady hatte man Hillary oft noch in Röcken und Kleidern gesehen - mit Bob-Frisur, manchmal glatt, manchmal wellig. Wie viele andere Frauen auch, hatte sie wechselnde Modephasen, aber ihre zunehmend prominente politische Rolle brachte auch Konflikte.
So lehnte es Clinton in ihrem ersten Präsidentschaftsrennen 2008 ab, sich für das Magazin "Vogue" ablichten zu lassen - sie fürchtete, das könne sie zu feminin erscheinen lassen.
Kein Grau im Haar
Über solche Dinge, so heißt es, denkt sie jetzt nicht mehr nach, gehört selbstbewusst der "Schwesternschaft der reisenden Hosenanzüge" an, wie sie es einst formulierte. Und fällt es auch nicht sehr stark ins Auge, variiert sie, so weit es diese Outfits erlauben: in der Farbe, der Länge der Jacke, dem Halsabschluss, dem Material.
Der britische "Telegraph" befand sogar: "Sie ist ein begeisterter Kollaborateur mit Planet Fashion geworden." Aber vielleicht meinte das Blatt ja auch etwas Anderes: Im Vorfeld der Modewoche haben mehrere Designer private Schauen veranstaltet, um Geld für Clintons Wahlkampf zu sammeln.
Längst macht sie selber auch nicht nur Scherze über ihre Kleidung, sondern auch über ihr Haar. Amerika werde es nicht im Weißen Haus grau werden sehen, sagte sie im vergangenen Jahr zum Wahlkampfantritt. "Ich färbe es seit Jahren."
Gabriele Chwallek