Russland will seine Luftangriffe in Syrien zur Unterstützung der Regierungstruppen fortsetzen - ungeachtet der Drohung von US-Außenminister John Kerry, die Syrien-Gespräche mit Russland bei anhaltenden Bombenangriffen auf Aleppo abzubrechen. Russland nehme den "nicht konstruktiven Charakter der Rhetorik aus Washington" zur Kenntnis, bleibe aber an einer Zusammenarbeit mit den USA im Syrien-Konflikt interessiert, sagte ein Kreml-Sprecher. Die Operationen in der Luft setze man fort, um den Anti-Terror-Kampf der syrischen Truppen zu unterstützen.
Eine zwischen den USA und Russland ausgehandelte Feuerpause in Syrien war Anfang vergangener Woche von der syrischen Armee aufgekündigt worden. Seitdem startete diese mit Unterstützung russischer Truppen eine Militäroffensive auf Aleppo, um die einstige Wirtschaftsmetropole im Norden des Landes zurückzuerobern.
Aleppo hatte in den vergangenen Tagen die heftigsten Angriffe der syrischen und russischen Luftwaffe seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 erlebt. Die USA als Unterstützer gemäßigter Rebellen und Russland als wichtiger Verbündeter des syrischen Regimes machen sich gegenseitig für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.
"Gruseliges" Lachen
Die Reaktion des syrischen UNO-Botschafters auf eine Frage nach bombardierten Krankenhäusern sorgt indes für Empörung. Auf einem Video, das der Sender "Al Jazeera" verbreitet hat, ist zu sehen, wie der Diplomat Bashar Jaafari gefragt wird: "Botschafter, haben Sie die beiden Krankenhäuser in Aleppo bombardiert?" Statt einer Antwort lacht er nur und geht weiter.
Die UNO-Botschafterin der USA, Samantha Power, nannte das Lachen ihres Kollegen "gruselig". "Das ist das Gesicht des syrischen Regimes und der russischen Taten in Aleppo", schrieb sie auf Twitter. Tausende hingemetzelte Toten seien offenbar egal, so Power.
300 Tote, nur noch 30 Ärzte
Seit dem Zusammenbruch der Waffenruhe vor rund zehn Tagen wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte fast 300 Menschen getötet. Der Hilfsorganisation Unicef zufolge kamen seit Freitag 96 Kinder ums Leben, 223 wurden verletzt. In Aleppos Rebellengebieten gebe es nur noch 30 Ärzte. Dort sind bis zu 300.000 Menschen eingeschlossen. Es fehlt akut an Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung. Fluchtwege für Zivilisten sind blockiert.
Russland ist beim Kampf um Aleppo nur zu zweitägigen Feuerpausen zur Versorgung der Zivilbevölkerung bereit. In einer siebentägigen Waffenruhe, wie sie die USA fordern, könnten terroristische Kräfte sich umgruppieren, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow in Moskau.
Möglichkeiten begrenzt
Die Möglichkeiten für die USA, den Druck zu erhöhen, sind begrenzt, weil Präsident Barack Obama wiederholt einen Militärschlag gegen die syrische Armee und einen größeren Einsatz von US-Truppen abgelehnt hat. Ein US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt sei unwahrscheinlich, weil es dabei zu russischen Opfern kommen könnte, was die Lage weiter verschärfen würde. Es sei daher unklar, ob Barack Obama überhaupt mehr Alternativen habe, als den Ton zu verschärfen. Eine Möglichkeit wären militärische Optionen wie eine bessere Ausrüstung der Rebellen durch US-Verbündete in der Region
Die USA hatten Russland am Mittwoch mit dem Abbruch der diplomatischen Zusammenarbeit in Syrien gedroht. Außenminister John Kerry zeigte sich seinem Sprecher zufolge am Mittwoch in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow "tief besorgt" über die Lage in der umkämpften Großstadt Aleppo.
Kerry warf Russland und der verbündeten syrischen Regierung von Präsident Bashar al-Assad vor, mit Angriffen auf Krankenhäuser, die Wasserversorgung und zivile Einrichtungen die Lage dramatisch verschärft zu haben. Das russische Verteidigungsministerium erklärte dagegen der Nachrichtenagentur Ria zufolge, nach Anordnung von Präsident Wladimir Putin sei das Ministerium zu einer weiteren Zusammenarbeit mit den USA bereit.
Ban spricht von "Schlachthaus"
Die massiven Luftangriffe auf Aleppo in den vergangenen Tagen haben die syrische Großstadt nach Einschätzung des UN-Generalsekretärs in ein Schlachthaus verwandelt. "Stellen Sie sich ein Schlachthaus vor. Das hier ist schlimmer", sagte Ban Ki-moon am Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Im Osten Aleppos wurden seit Freitag nach UN-Angaben mindestens 96 Kinder getötet, weitere 223 erlitten Verletzungen. Die USA drohten Russland mit dem Abbruch der Friedensgespräche für Syrien, sollte das Land die Angriffe auf Aleppo nicht stoppen. Russland will die Zusammenarbeit fortsetzen.
Telefonat Erdogans mit Angela Merkel
Angesichts der eskalierenden Gewalt in Syrien hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert. Erdogan habe Merkel auch über die türkische Operation "Schutzschild Euphrat" in Syrien informiert, hieß es. Im August waren türkische Bodentruppen nach Nordsyrien vorgedrungen, um Oppositionskräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. Ziel der Intervention ist aber auch, den Vormarsch syrischer Kurdenmilizen zu stoppen, die mit den USA verbündet sind.