Großbritannien will sich trotz des geplanten Austritts aus der EU weiter gegen Versuche stemmen, eine europäische Armee aufzubauen. "Wir werden weiter jedes Vorhaben einer europäischen Armee oder eines EU-Armeehauptquartiers ablehnen", sagte der britische Verteidigungsminister Michael Fallon am Dienstag vor einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Bratislava.
Solche Pläne würden "die NATO schlicht und einfach untergraben", argumentierte Fallon die britische Position. Die Militärallianz müsse "Eckpfeiler" der Verteidigung in Europa bleiben.
EU-Verteidigungspolitik stärken
Nach dem Brexit-Votum der Briten im Juni unternimmt die EU einen neuen Anlauf, um sich in der Verteidigungspolitik zu stärken. Deutschland, Frankreich und Italien haben ebenso wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini dazu eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die nun in Bratislava diskutiert werden sollen. Sie sehen unter anderem die Schaffung eines EU-Hauptquartiers für Auslandseinsätze, die Schaffung eines gemeinsamen Sanitätskommandos und eine verstärkte Rüstungskooperation vor. Auch die Visegrad-Staaten (Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei) machen sich für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik stark.
Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian wiesen - wie zuvor bereits mehrmals Federica Mogherini - zurück, dass die Pläne auf eine europäische Armee zielten. Es gehe "im Gegenteil" darum, "die unterschiedlichen Stärken der europäischen Länder besser zusammenzufassen, damit wir gemeinsam schnell handlungsfähig sind", sagte von der Leyen. "Alles was Europa stärkt in der Verteidigung, stärkt auch die NATO".
Fallon sagte, auch London sei überzeugt, dass Europa mehr in der Flüchtlingskrise und im Kampf gegen Terrorismus tun müsse. "Es ist aber der falsche Weg, einfach nur die NATO zu kopieren und zu untergraben". Ähnlich hatten sich bei Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs vor gut einer Woche in Bratislava auch mehrere Regierungschefs baltischer Länder geäußert - sie befürchten ebenfalls eine Verdoppelung der NATO-Strukturen.
Großbritannien wird noch mindestens zwei Jahre EU-Mitglied bleiben, bis die komplexen Verhandlungen über den Austritt aus der Union abgeschlossen sind. So lange kann das Land Beschlüsse in der Verteidigungspolitik grundsätzlich blockieren, die normalerweise einstimmig fallen müssen. Berlin, Paris und Italien haben aber auf bisher ungenutzte Möglichkeiten im EU-Vertrag verwiesen, auch in einer kleineren Gruppe von Ländern im Verteidigungsbereich voranzuschreiten.
NATO begrüßt Pläne zur Stärkung der EU-Verteidigung
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Pläne begrüßt indes, die EU im Verteidigungsbereich zu stärken. Es gebe "keinen Widerspruch zwischen starker europäischer Verteidigung und einer starken NATO", sagte Stoltenberg beim Treffen der EU-Verteidigungsminister am Dienstag in Bratislava. "Tatsächlich verstärkt sich beides gegenseitig."
Vermieden werden müssten allerdings doppelte Strukturen, beide Organisationen müssten sich ergänzen, betonte Stoltenberg. Dem stimmte auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zu. "Wir haben eine gemeinsame Grundlage und einen Konsens unter den EU-Ministern gefunden, dass die EU-Verteidigungszusammenarbeit in voller Übereinstimmung zu unserer Arbeit in der NATO verstärkt werden soll", sagte sie.
Damit nahmen beide britischen Befürchtungen den Wind aus den Segeln.