Das weitere Vorgehen Europas in der Flüchtlingskrise steht im Mittelpunkt des Gipfeltreffens in Wien. Die Länder entlang der Balkanroute sowie Deutschland kommen auf Einladung von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) an diesem Samstag zusammen. Einen Livestream des Gipfels finden Sie hier. Die Positionen aller teilnehmenden Staaten.

DEUTSCHLAND: Kanzlerin Angela Merkel hat nach den Wochen der Öffnung vor einem Jahr mittlerweile einen Kurswechsel vollzogen. Verschärfte Asylgesetze, leichtere Abschiebungen, vor allem aber das Abkommen der EU mit der Türkei sollen den Flüchtlingszuzug bremsen. Nur das Wort "Obergrenze", das die CSU von ihr fordert, nimmt sie nicht in den Mund. Auf europäischer Ebene weiß Merkel, dass die feste Quote zur Verteilung von Flüchtlingen gescheitert ist. Schwerpunkt ist jetzt die Sicherung der Außengrenzen.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel © (c) AP (Ronald Zak)

GRIECHENLAND: Seit Inkrafttreten des Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei kommen nur noch wenige Flüchtlinge illegal von der Türkei nach Griechenland. Doch die Angst, dass der Pakt nicht standhält und der Zustrom wieder anschwillt, ist groß. Außerdem kritisiert die linke Regierung in Athen, dass die anderen EU-Länder trotz der vereinbarten Umsiedlung von rund 30.000 Flüchtlingen bisher nur wenige Tausend Menschen übernommen haben.

UNGARN: Der rechts-konservative Ministerpräsident Viktor Orban praktiziert schon seit dem Herbst 2015 eine Politik der Abschottung. An Ungarns Grenzen zu Serbien und Kroatien stehen stacheldrahtbewehrte Zäune. Budapest lehnt außerdem die Rückübernahme von Flüchtlingen aus Österreich ab, wenn diese aus einem EU-Land nach Ungarn gekommen sind. Budapest hat beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen EU-Quoten zur faireren Verteilung von Asylwerbern geklagt. Am 2. Oktober will Orban diese Ablehnungshaltung durch eine Volksabstimmung bestätigen lassen.

Ungarns Ministerpräsident Orban
Ungarns Ministerpräsident Orban © (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

RUMÄNIEN: Das Land vertritt eine ähnliche Position wie Ungarn, nur in gemäßigterem Ton. Eine Verteilung der Flüchtlinge per Quote lehnt es ab, obwohl es bisher kaum betroffen war.

SLOWENIEN: Die Regierung hat wiederholt vor einem neuen Ansturm gewarnt und will auf keinen Fall erneut Migranten nach Österreich durchschleusen. Zuletzt zeigte sich Ljublijana empört über Rückschiebungen aus Österreich und die anhaltenden Grenzkontrollen. Das Land hat einen Zaun zu Kroatien und will die Schengen-Grenze noch schärfer kontrollieren.

SERBIEN: Kritischer wird die Lage in Serbien, wo geschätzte 5.000 Migranten festsitzen. Trotz gemeinsamer Militär- und Polizeipatrouillen kommen immer neue Flüchtlinge. Die Regierung will dennoch keine Zäune an der Grenze zu Bulgarien und Mazedonien.

MAZEDONIEN: Das Land hat im März des vergangenen Jahres die Grenze zu Griechenland geschlossen und damit die Balkanroute praktisch blockiert. Der EU-Beitrittskandidat erhofft sich dafür Unterstützung und Anerkennung der EU. Mazedonien hat derzeit aber vor allem innenpolitische Probleme, das Land steckt in einer tiefen politischen Krise und im Dezember stehen vorzeitige Parlamentswahlen an.

KROATIEN: Bisher hat sich Kroatien vor allem als Transitland verstanden. Das führte immer wieder zu Unstimmigkeiten mit dem nördlichen Nachbarland Slowenien. An der Grenze zu Serbien wurde ein zwei Meter hoher Metallzaun errichtet.

ALBANIEN: Sehr wenig von der Krise betroffen ist Albanien. Deshalb ist die Situation der Flüchtlinge kaum ein Thema.

BULGARIEN: Die Aufnahmezentren sind laut Regierungsangaben voll. Das ärmste EU-Land sieht sich mit einem immer größeren "Migrationsdruck" konfrontiert. Bulgarien versteht sich als Transitland und will es auch bleiben. Seit Jahresbeginn wurden gut 13.000 Flüchtlinge registriert, über die Hälfte ist weiter gezogen. Die EU unterstützt das Land beim Schutz der EU-Außengrenze. An der Grenze zur Türkei gibt es eine Stacheldrahtabsperrung.

ÖSTERREICH: Die Zeit der Willkommenskultur ist vorbei. Eine Obergrenze von 37.500 Flüchtlingen in diesem Jahr wurde beschlossen. Mit der Notverordnung sollen Asylwerbern dann direkt an der Grenze abgewiesen werden können. Seit Jahresbeginn sind rund 25.000 Menschen zum Asylverfahren zugelassen worden.