Nach langer Isolation hat der inhaftierte Anführer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, zu Frieden mit der türkischen Regierung aufgerufen.
"Das Blut, die Tränen, das soll nun aufhören", teilte der PKK-Chef in einer von seinem Bruder in Diyarbakir verlesenen Nachricht mit, wie der Sender IMC TV am Montag berichtete. Zuletzt war der Konflikt zwischen Regierung und PKK weiter eskaliert.
Öcalan machte zudem deutlich, dass er zu einer Wiederaufnahme von Gesprächen bereit sei. "Wenn der Staat bereit ist, schickt er zwei Leute hierher. Ja, das ist ein schwerwiegendes Problem, aber unser Plan steht, und wir lösen dieses Problem in sechs Monaten." Die Hauptverantwortung liege dabei bei der Regierung. Wenn die Türkei ein Rechtsstaat sei, müsse der Staat zumindest seinen Anwälten erlauben ihn zu besuchen, so Öcalan laut der Mitteilung.
Monatelang völlig isoliert
Monatelang war Öcalan, der seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftiert ist, ohne Außenkontakt. Anlässlich des islamischen Opferfestes hatten die Behörden seinem Bruder eine Besuchserlaubnis erteilt.
Die letzte Nachricht Öcalans war im März 2015 an die Öffentlichkeit gedrungen, damals rief er seine Anhänger dazu auf, den bewaffneten Kampf zu beenden. Nur wenige Monate später scheiterte jedoch ein mehr als zweijähriger Waffenstillstand und damit der Friedensprozess zwischen der PKK und der türkischen Regierung. Seitdem eskaliert der Konflikt erneut. Ankara hatte zuletzt mehrmals deutlich gemacht, dass mit aller Härte gegen die PKK vorgehen werde und die Organisation die Chance auf Friedensgespräche vertan habe.
Öcalan kritisierte auch die islamisch-konservative AKP-Regierung. "Wäre der Staat aufrichtig, wäre das Problem gelöst worden", teilte er laut IMC TV weiter mit. Die PKK habe die Friedensgespräche mit der Regierung im Sommer 2015 nicht beendet, betonte er.
Der PKK-Führer teilte weiter mit, sein Gesundheitszustand sei gut, die Isolationshaft gehe jedoch weiter. Aus Sorge um Öcalan waren vor einer Woche in Diyarbakir 50 pro-kurdische Aktivisten in den Hungerstreik getreten, darunter fünf Parlamentarier der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP. Die Aktivisten teilten nun in Diyarbakir mit, dass der Hungerstreik beendet sei. Sie riefen jedoch zu Protest gegen die Absetzung von zahlreichen pro-kurdischen Bürgermeistern und Stadträten wegen mutmaßlicher Verbindung zur PKK auf. Jeden Abend um 20 Uhr sollten Kritiker so viel Lärm machen wie möglich, so die Aktivisten.
Die Regierung hatte am Sonntag 28 Gebietsverwaltungen, darunter 24 der HDP unter Zwangsverwaltung gestellt und regierungsnahe Verwalter eingesetzt. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte dazu am Montag in Brüssel vor Journalisten, sie erwarte und sei zuversichtlich, dass es der Bevölkerung in den betroffenen Gemeinden möglich sei, neue Bürgermeister zu wählen. Die EU erwarte, dass dabei der Rechtsstaat eingehalten werde.
Ein Notstandsdekret ermächtigt die Regierung, Gebietsverwaltungen unter bestimmten Voraussetzungen unter Zwangsverwaltung zu stellen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der die HDP als verlängerten Arm der PKK bezeichnet, sagte am Montag in Istanbul, die Absetzung der Bürgermeister sei überfällig gewesen. Laut türkischen Medienberichten hatte die AKP vor dem Putschversuch am 15. Juli einen Gesetzesentwurf zur Zwangsverwaltung im Parlament eingebracht. Der Vorschlag war aber nach Protest der Opposition zurückgezogen worden.
Unterdessen wurde in der osttürkischen Provinz Van am Montag ein Autobombenanschlag auf die Parteizentrale der AKP verübt. Wie die Nachrichtenagentur DHA unter Berufung auf den Gouverneur berichtete, wurden 48 Menschen verletzt. Die Behörden machen die PKK für das Attentat verantwortlich, die sich zunächst nicht dazu bekannte.
PKK-Führer Öcalan macht die Türkei für den Untergrundkrieg verantwortlich, den die PKK gegen den türkischen Staat führt. Seit 1984 starben in dem Konflikt schätzungsweise bis zu 40.000 Menschen. Die ursprünglich gegen Öcalan verhängte Todesstrafe war später in lebenslange Haft umgewandelt worden. Die PKK gilt in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation.