Ziele der Angriffe am Samstag waren nach Angaben von Aktivisten die Städte Idlib und Aleppo. Bei den Syrien-Gesprächen in Genf hatten sich die USA und Russland zuvor auf die Waffenruhe für das Bürgerkriegsland verständigt.

In der umkämpften Stadt Aleppo seien mindestens 42 Menschen bei Bombardierungen durch Kampfflugzeuge gestorben, sagte ein Sprecher der lokalen Hilfsorganisation Weißhelme am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Unter den Opfern seien auch mehrere Kinder.

Zustand kritisch

Viele Verletzte seien noch in einem kritischen Zustand. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag mitteilte, starben in der Stadt Idlib zudem mindestens 58 Zivilisten. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Angaben aus einem Netzwerk von Informanten in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen. Unklar war zunächst auch, welche Luftwaffe die Angriffe flog.

Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP in Idlib sah Männer, die auf Trümmer stiegen und Verletzte bargen. Auch in Aleppo wurden bei Luftangriffen laut Beobachtungsstelle mindesten zwölf Zivilisten getötet, in der gleichnamigen Provinz starben weitere 18 Menschen.

US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow hatten sich am Freitagabend nach Marathonverhandlungen auf eine Waffenruhe für das Bürgerkriegsland verständigt, die am Montag, dem Beginn des muslimischen Opferfestes Aid al-Adha, in Kraft treten soll.

Die USA und Russland unterstützen in Syrien bisher entgegengesetzte Seiten. Während Moskau ein enger Verbündeter von Präsident Baschar al-Assad ist, unterstützt Washington bewaffnete Assad-Gegner. Ein Waffenstillstand, den die Konfliktparteien im Februar auf Vermittlung der USA und Russlands vereinbart hatten, war nie vollständig eingehalten worden.

Die syrische Regierung "billigte" die Waffenruhe, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete. In der umkämpften Großstadt Aleppo würden die Kampfhandlungen "aus humanitären Gründen" eingestellt, hieß es.

Das Hohe Verhandlungskomitee (HNC) der Opposition erklärte am Samstag auf seiner Internetseite, es habe den "offiziellen Text" der Vereinbarung noch nicht erhalten. Sobald dieser vorliege, würden die Einzelheiten geprüft. Die HNC-Sprecherin Bassma Kodmani hatte sich zuvor vorsichtig optimistisch geäußert. Die Einigung sei hoffentlich "der Anfang vom Ende des Leidenswegs der Zivilisten".

Der Vereinbarung zufolge müssen sich die Regierungstruppen rund um Aleppo zurückziehen und humanitären Helfern Zugang gewähren. Russland muss Assads Truppen zudem davon überzeugen, die Rebellengebiete nicht länger zu bombardieren. Jihadistengruppen wie der Islamische Staat (IS) oder die Fateh-al-Sham-Front, die frühere Al-Nusra-Front, sollen allerdings weiterhin bekämpft werden. Im Gegenzug müssen die USA die mit ihnen verbündeten Rebellengruppen dazu bringen, nicht mehr mit der Fateh-al-Sham-Front zu kooperieren.

Wird die Vereinbarung eine Woche lang " in vollem Umfang" eingehalten, wollen die USA mit dem russischen Militär kooperieren, wie Kerry ankündigte. Lawrow sagte, beide Seiten würden künftig ihre Luftangriffe auf "Terroristen" koordinieren. Er kündigte dazu die Einrichtung einer gemeinsamen Einsatzzentrale an.

Chance

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, begrüßte die Vereinbarung als "Chance" für eine Beendigung des Konflikts. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einer "echten, neuen Chance" für eine Fortsetzung der Friedensgespräche und die dringend benötigte humanitäre Hilfe.

Der "Welt am Sonntag" sagte Steinmeier: "Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, jetzt sofort die neuen Möglichkeiten des Zugangs für die humanitäre Hilfe zu nutzen." Der Minister forderte alle Konfliktparteien auf, "die jetzt gefundene Einigung zu respektieren und den militärischen Kampf spätestens bis Montag einzustellen". In dem seit Frühjahr 2011 andauernden syrischen Bürgerkrieg wurden mehr als 290.000 Menschen getötet und die Hälfte der Bevölkerung in die Flucht getrieben.