Die konservative Opposition in Venezuela hat mit Straßenprotesten den Druck auf Präsident Nicolas Maduro erhöht, einen Volksentscheid über seine Absetzung zuzulassen. Im Osten der Hauptstadt Caracas gingen am Donnerstag mehrere hunderttausend regierungskritische Demonstranten auf die Straße. Ihnen stellten sich im Zentrum Maduros Anhänger entgegen.
Ein Großaufgebot der Polizei versuchte, die Lager auseinanderzuhalten. Oppositionssprecher Jesus Torrealba sprach nach dem friedlichen Ende des Protests von der "größten Demonstration der letzten Jahrzehnte". An dem "historischen Marsch" hätten zwischen 950.000 und 1,1 Millionen Menschen teilgenommen. Der Osten von Caracas gilt als Hochburg der Opposition. Dort fanden sich viele in weiß gekleidete Demonstranten ein, schwenkten venezolanische Flaggen und trugen Plakate mit Slogans wie "Wechsel" oder "Referendum jetzt".
"Venezuela verhungert"
An Maduro gerichtet riefen sie: "Er wird fallen, diese Regierung wird fallen!" und "Venezuela verhungert". Offizielle Angaben zur Zahl der Teilnehmer lagen nicht vor, Schätzungen von Medien beliefen sich auf mehrere hunderttausend Demonstranten.
"Entweder wir gehen demonstrieren oder wir verhungern", sagte die 53-jährige Ana Gonzalez. "Die Regierung macht uns keine Angst mehr." In sozialen Netzwerken schrieben einige Oppositionsanhänger aus der Provinz, sie seien daran gehindert worden, in Busse zu steigen, die sie zu den Demonstrationen bringen sollten. Nach Angaben der Behörden wurden im Vorfeld drei Oppositionsführer festgenommen. Oppositionsführer Henrique Capriles sagte am Donnerstag, zudem seien zwei Bürgermeister festgenommen worden.
Im Zentrum von Caracas marschierten hingegen mit ihren roten Hemden und Kappen tausende "Chavistas" - benannt nach Maduros Vorgänger Hugo Chavez, der von 1999 bis zu seinem Tod 2013 Staatspräsident war. "Das Volk ist mit Dir", rief dort die Menge an Maduro gerichtet. Carolina Aponte, eine 37-jährige Hausfrau, sagte: "Wir sind hier, um die Revolution zu verteidigen."
Das Aufgebot der Regierungsanhänger war aber insgesamt kleiner, Maduro selbst schätzte es auf bis zu 30.000. "Heute haben wir einen Staatsstreich niedergeschlagen", rief er seinen Anhängern zu. "Sie sind erneut gescheitert. Der Sieg ist unser."
Der Sozialist Maduro kämpft infolge des gesunkenen Ölpreises mit einer schweren Wirtschaftskrise, die begleitet wird von einer massiven Inflation, schweren Versorgungsengpässen und einem besorgniserregenden Anstieg der Kriminalität. Wegen der Krise schwindet in der Bevölkerung der Rückhalt für die seit 17 Jahren regierenden Sozialisten. Die Opposition fordert daher Maduros Absetzung.
Die Opposition hatte im Mai weit mehr als die für die derzeitige Etappe zur Erzwingung einer Volksabstimmung erforderlichen 200.000 Unterschriften eingereicht - nämlich 1,8 Millionen. Die nationale Wahlkommission gab Mitte August einen Zeitplan heraus, der die Abhaltung eines Referendums über die Absetzung Maduros bis 2017 verzögern könnte.
Um den Druck aufrechtzuerhalten, rief die Opposition für kommenden Mittwoch und den 14. September erneut zu Protesten gegen Maduro auf. Venezuela habe gezeigt, dass es "einen Wandel" wolle, sagte Oppositionssprecher Torrealba. Die Opposition werde ihr Recht auf friedliche Demonstrationen wahrnehmen, bis sie ihr Ziel erreicht habe.