Dramatische Bilder veröffentlichte die britische "Dailymail" wenige Stunden nach dem verheerenden Sprengstoffanschlag in der Türkei: Türkische Medien berichteten über die Festnahme eines 12- bis 13-jährigen Buben im irakischen Kirkuk: Auf Bildern der Nachrichtenagentur Reuters und einem Video der kurdischen Nachrichtenagentur Rudaw ist zu sehen, wie die Sicherheitskräfte dem Buben den Gürtel abnehmen. Anschließend wurde die Sprengladung kontrolliert gezündet.

Die kurdische Nachrichtenagentur Rudow verweist laut "Dailymail" darauf, dass am selben Tag zwei weitere Selbstmordanschlägenicht verhindert werden konnten. Auch der Anschlag in der Türkei hatte sich gegen Kurden gerichtet - mindestens 29 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sollen dabei zu Tode gekommen seien.

Militärisch gerät die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) immer mehr in die Defensive. Umso mehr schlägt sie um sich - und bedient sich dabei zunehmend radikalisierter Zivilisten, insbesondere auch Kinder.

Dutzende Jugendliche hat der IS laut einer Studie des Combating Terrorism Center der US-Militärakademie West Point bereits als Selbstmordattentäter in den Tod geschickt. Die Autoren der Studie haben systematisch IS-Propaganda ausgewertet. Die Dschihadisten versuchen gar nicht, den Einsatz von Kindern zu verheimlichen. Es werden regelmäßig Videos von Trainingscamps veröffentlicht, in denen Kinder militärisch trainiert werden. Die Terrorgruppe postet außerdem Fotos und hymnische Belobigungen von jugendlichen Attentätern, die sich in die Luft sprengten.

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie:

  • 39 Prozent der Kinder und Jugendlichen starben als Selbstmordattentäter, die sich mit ihrem Fahrzeug in die Luft sprengten, 33 Prozent fielen im Kampf. Sechs Prozent gehörten zu Propagandaeinheiten, die Kämpfer in der Schlacht begleiteten. Vier Prozent sprengten sich mit Sprengstoffgürteln zwischen Zivilisten in die Luft. Die übrigen 18 Prozent gehörten zu Kommandoeinheiten, die zuerst mit Schusswaffen auf ihre Ziele losgingen und anschließend Sprengsätze zündeten.
  • Rund 60 Prozent der getöteten Minderjährigen stammten aus Syrien und dem Irak. Doch auch Kinder aus dem Ausland starben für den IS - darunter Marokkaner, Briten, Australier und Franzosen. Das geht aus den Kampfnamen hervor, in denen der IS üblicherweise auf das Herkunftsland Bezug nimmt.
  • Die Zahl der verheizten Jungen steigt kontinuierlich. Im Januar 2015 hatte der IS drei minderjährige Selbstmordattentäter eingesetzt, im Oktober waren es schon sechs, und im Januar 2016 zählten die Autoren der Studie zehn Selbstmordattentate von Minderjährigen.
  • Der IS gibt das Alter seiner Kämpfer nicht an. Nach der Auswertung von Fotos der Toten gehen die Autoren der Studie aus, dass sechs Prozent von ihnen jünger als zwölf Jahre waren. 60 Prozent waren zwischen 12 und 16.
  • Die Jugendlichen ersetzen keine Erwachsenen. Stattdessen kämpfen sie Seite an Seite mit älteren Milizionären. Nach Einschätzung der Forscher ist das kein Zeichen von wachsender Verzweiflung. Vielmehr seien die Kindersoldaten Teil der psychologischen Kriegsführung des IS.

Zu dem Anschlag in Kirkuk gibt es bis jetzt keine Bekennerbotschaft.