Für ein Veto gegen den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Straferlass sei nicht die notwendige Mehrheit zustande gekommen, teilte die Vertretung der EU-Staaten am Dienstag mit. Nach Angaben von Diplomaten wurde er schließlich sogar einstimmig angenommen.
Theoretisch hätten die anderen EU-Länder gegen Spanien und Portugal Geldstrafen von insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro verhängen können. Die EU-Kommission plädierte allerdings schon vor eineinhalb Wochen für einen Straferlass - unter anderem, um die EU-kritische Stimmung in den betroffenen Ländern nicht noch weiter anzuheizen.
Entscheidung umstritten
Die Entscheidung für den Straferlass ist stark umstritten. Kritiker befürchten einen weiteren Verlust der Glaubwürdigkeit des Euro-Stabilitätspakts. Den ersten schweren Image-Schaden hatte dieser im Jahr 2003 erlitten. Damals waren gegen den Widerstand der Brüsseler EU-Kommission die laufenden Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich auf Eis gelegt worden.
Sowohl Spanien als auch Portugal wird vorgeworfen, in der Vergangenheit nicht konsequent genug gegen ihre Haushaltsdefizite vorgegangen zu sein. Spanien wies 2015 ein Defizit von 5,1 Prozent auf, Portugal verzeichnete 4,4 Prozent. Erlaubt ist laut dem Euro-Stabilitätspakt maximal eine jährliche Neuverschuldung von 3,0 Prozent der jeweiligen nationalen Wirtschaftsleistung.
Von Portugal erwarten die anderen EU-Staaten nun, dass das Land sein Haushaltsdefizit bis Ende dieses Jahres auf 2,5 Prozent drückt. Spanien soll bis Ende 2018 schrittweise auf 2,2 Prozent kommen. Bis zum 15. Oktober sollen beide Länder neue Pläne präsentieren, wie sie ihre Haushalte in Ordnung bringen wollen.
"Ich vertraue darauf, dass Spanien und Portugal den gemeinsamen Beschlüssen der Kommission und des Rates Folge leisten werden", kommentierte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici am Dienstag. Beide Länder müssten sich auf Überprüfungen einstellen.
Kürzung von EU-Fördermitteln angedroht
Sollten sich Madrid und Lissabon nicht an die Vorgaben halten, steht als Sanktionsmöglichkeit noch die Kürzung von EU-Fördermitteln im Raum. Über diese Möglichkeit will die EU-Kommission nach der Sommerpause zunächst mit Vertretern des Europaparlaments beraten.