Die gescheiterten Putsch-Versuche nutzte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einer Säuberungswelle im Inland, die ihresgleichen sucht - zuletzt wurden auch Dutzende TV-Stationen und Zeitungen geschlossen (mehr dazu lesen Sie hier). Doch neben dem innenpolitischen Umbau wird in der  Türkei auch außenpolitisch eine Umorientierung vorangetrieben.

Denn obwohl die Türkei den Flüchtlingspakt mit der EU noch einhält, spart Erdogan nicht mit Kritik an Brüssel. "Die europäischen Regierenden sind nicht aufrichtig", sagte Erdogan am Montagabend in einem ARD-Interview. Die EU habe ihre finanziellen Versprechen zur Unterstützung der rund drei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei bisher nicht gehalten. "Drei Milliarden waren zugesagt", doch seien bisher nur symbolische Summen von ein bis zwei Millionen Euro eingetroffen - in der EU wird dies dementiert, es seien bereits 105 Millionen Euro geflossen, weietere 740 Millionen Euro seien angewiesen. Das im März geschlossene Abkommen sieht vor, dass die Türkei alle auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurücknimmt, deren Asylantrag in Griechenland abgelehnt worden ist.

Russland und Iran im Fokus

Zudem hieß es aus etlichen eurpäischen Hauptstädten und nicht zletzt aus der EU-Kommission, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe das Ende der ohnehin auf Eis liegenden Beitrittsverhandlungen bedeuten würden. Trotzdem führt Erdogan die Debatte darüber unerschrocken weiter - ein Indiz dafür, dass sein Interesse an einer EU-Annäherung nicht sonderlich groß ist, urteilen Beobachter. 

Deshalb scheint sich das NATO-Land Türkei nun außenpolitisch eher in Richtung Osten zu orientieren. Erst vorgestern wurde ein Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimit Putin angesetzt, um die Wogen nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im syrischen Grenzgebiet im vergangenen November endgültig zu glätten. Treffen werden sich die beiden im Westen umstrittenen Politiker am 9. August in Sankt Petersburg.

Zudem zeichnet sich eine weitere Annäherung ab: Nach dem gescheiterten Putschversuch sicherte Irans Präsident Hassan Rouhani Erdogan seine Unterstützung zu. Im Kampf gegen den Terror wolle die Türkei ohnehin enger mit dem Iran zusammenarbeiten, heißt es.