In einem Interview mit dem Rundfunksender CNN kündigte Erdogan am Montag zudem an, die türkische Regierung werde in den kommenden Tagen von den USA formell die Auslieferung des Predigers Fethullah Gülen beantragen. Erdogan sieht in Gülen den Drahtzieher des gescheiterten Putsches vom Wochenende.

"Es gibt das eindeutige Verbrechen des Verrats", sagte Erdogan einem Übersetzer zufolge auf die Frage nach einer möglichen Wiedereinführung der Todesstrafe für die mutmaßlichen Hintermänner des Putschversuches.

"Aber natürlich bedarf es einer Parlamentsentscheidung, damit sie als Verfassungsmaßnahme in Kraft treten kann", sagte er in seinem ersten Interview seit dem gescheiterten Umsturzversuch. Die Verantwortlichen müssten zusammenkommen und das Thema beraten. "Wenn sie bereit sind, es zu diskutieren, werde ich als Präsident jede Entscheidung billigen, die das Parlament fällt."

Für Umsturzversuch verantwortlich

Erdogan hatte die Anhänger Gülens für den Umsturzversuch verantwortlich gemacht und von den USA die Auslieferung des mit ihm verfeindeten Klerikers verlangt. US-Außenminister John Kerry forderte am Montag von der türkischen Regierung "Beweise" für die angebliche Verstrickung des in den USA lebenden islamischen Predigers in den Putschversuch. Gülen selbst bestritt jede Beteiligung an dem Umsturzversuch.

Die EU und führende Politiker hatten zuvor betont, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe das Ende der EU-Beitrittsgespräche bedeuten würde. Auch der Europarat warnte die Türkei vor einer Rückkehr zur Todesstrafe.

Besorgt

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich in einem Telefonat mit dem Erdogan besorgt über das Vorgehen Ankaras gegen mutmaßliche Unterstützer des Putsches. Die Welle von Festnahmen und Entlassungen gebe "Anlass zu großer Sorge", sagte Merkel am Montag nach Angaben einer Regierungssprecherin in Berlin.

Die Kanzlerin habe Erdogan aufgefordert, bei der Reaktion des türkischen Staates auf den Putsch "die Prinzipien von Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit walten zu lassen". Zudem habe sie betont, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei "mit dem Ziel einer EU-Mitgliedschaft in keiner Weise vereinbar ist".

Internationale Kritik

Das harte Vorgehen der türkischen Regierung, die nach der Niederschlagung des Putsches bislang mehr als 7500 Verdächtige festnehmen und fast 9000 Staatsbedienstete ihrer Posten entheben ließ, stößt international auf deutliche Kritik. Neben der EU und der Nato rief auch die UNO die Regierung in Ankara zur Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung auf. Grundrechte wie die Rede- und Versammlungsfreiheit und das Recht auf faire Verfahren müssten eingehalten werden, um die türkische Demokratie zu bewahren, sagte UN-Sprecher Farhan Haq.