Acht Monate nach den islamistischen Anschlägen von Paris mit 130 Toten wird Frankreich am symbolträchtigen Festtag des 14. Juli erneut von einer schweren Attacke erschüttert. Mindestens 80 Tote sind zu beklagen, das Entsetzen ist grenzenlos. Augenzeugen, die das Grauen miterleben mussten, berichten:
"Nur wenige Sekunden, um auszuweichen"
Robert Holloway, Journalist der Nachrichtenagentur AFP, ist als Tourist in Nizza. Kurz nach Ende des Feuerwerks gegen 23.00 Uhr erlebt er den Anschlag direkt mit: Der Lastwagen sei "mit vollem Tempo auf die Leute zugerast", die gerade nach Hause gehen wollten, berichtet er. "Ich war ungefähr hundert Meter entfernt und hatte nur wenige Sekunden, um auszuweichen."
Hier sehen Sie das Video eines Augenzeugen:
"Wir sahen, wie Leute getroffen wurden und wie Gegenstände umherflogen", berichtet Holloway. "Ich musste mein Gesicht vor den umherfliegenden Gegenständen schützen." Sofort breitet sich Panik aus, die Menschen rennen um ihr Leben. "Die Leute haben geschrien, es war das absolute Chaos."
"Wir haben hunderte Leute gesehen, die gerannt sind, um sich in Sicherheit zu bringen", sagt eine 37-jährige Frau der AFP. "Es gab auch Kinder."
"Viele Leute haben geschrien"
"Die Hölle ist ausgebrochen", berichtet Augenzeuge Roy Calley dem britischen Rundfunksender BBC. "Davor war es eine feierliche Atmosphäre, es war lustig, die Leute hatten Spaß." Dann habe er so etwas wie eine gewaltige Explosion oder einen gewaltigen Knall gehört. "Viele Leute haben geschrien. Dann kam etwas, von dem ich dachte, das seien vielleicht Schüsse."
"Es gab viel Panik"
Die Australierin Emily Watkins sagt dem Sender Australian Broadcasting Corporation, sie habe zuerst gar nicht begriffen, was passiert sei. "Von der Richtung, in der der Lastwagen war, kamen viele Schreie. Leute sind auf uns zugerannt ohne wirklich zu wissen, was passiert. Und wir haben uns umgedreht und sind auch gerannt."
"Die Leute sind in dem Chaos über andere gestolpert, es gab viel Panik", sagt Watkins' Partner David Cody. "Menschen haben versucht, in Hotels oder offene Geschäfte zu kommen, um Schutz zu finden, weil unklar war, was passiert. Mit jedem Knall, den wir hinter uns gehört haben, wurden die Leute ein bisschen schneller."
Lkw rast zwei Kilometer durch Menschenmenge
Zwei Kilometer, so erklären die Behörden, rast der Lastwagen durch die Menschenmenge. Dann erschießt die Polizei den Fahrer. Bilder zeigen den Lkw mit zerschossenen Reifen und durchlöcherter Windschutzscheibe. Der Angreifer hatte Polizeiangaben zufolge mindestens eine Schusswaffe bei sich. Regionalpräsident Christian Estrosi sagt, im Lastwagen seien "schwere Waffen" gefunden worden.
An dem palmengesäumten Boulevard der bei Touristen beliebten Küstenstadt bietet sich ein Bild des Schreckens: Aufgereiht liegen dutzende Leichname, bedeckt von weißen Tüchern. Rettungskräfte bringen Schwerverletzte in Krankenhäuser.
Dass es sich um einen Anschlag handelt, daran gibt es von Anfang an wenig Zweifel. "Wenn ein derart großer Lkw auf die Promenade fährt und sich dann auf ziemlich gerader Strecke seinen Weg bahnt, dann kommt mir das wie eine sehr absichtliche Tat vor", sagte Augenzeuge Holloway.
"Ganz Frankreich bedroht"
Staatschef Francois Hollande, vom Theaterfestival in Avignon zurück nach Paris geeilt, spricht bei einer Fernsehansprache von einer Tat mit eindeutig "terroristischem Charakter". "Ganz Frankreich ist vom islamistischen Terrorismus bedroht", sagt der sichtlich erschütterte Präsident mit müder Stimme.
Der 14. Juli, von den Franzosen als Beginn der Französischen Revolution gefeiert, sollte ein Tag der unbeschwerten Feste werden - er endete in einem Blutbad.