Dass Theresa May es an die Spitze der britischen Konservativen und damit des ganzen Landes schaffen kann, überrascht in Großbritannien kaum jemanden. Der "Telegraph" nannte die Innenministerin schon 2010 einen "aufgehenden Stern", als "Eiserne Lady im Wartestand" beschrieb der "Independent" sie drei Jahre später.
Bald könnte es für die 59-Jährige soweit sein: Kein anderer Kandidat im Rennen um David Camerons Nachfolge dürfte Boris Johnson gefährlicher werden, sofern auch Londons Ex-Bürgermeister seinen Hut in den Ring wirft.
Mit der früheren Premierministerin Margaret Thatcher muss sich fast jede Frau, die es in Großbritannien politisch zu etwas bringt, irgendwann mal vergleichen lassen. Aber so streng und entschlossen, wie die Tochter eines anglikanischen Geistlichen unter dem kinnlangen, grauen Haar oft dreinschaut, scheint der Vergleich in diesem Fall gar nicht abwegig.
Verschwiegen
Über sich selbst redet May - verheiratet, kinderlos und immer wieder wegen ihres extravaganten Schuhgeschmacks in den Schlagzeilen - nicht viel. Mitarbeiter beschreiben sie als diszipliniert und kompetent, freundlich, aber nicht unbedingt zum Smalltalk neigend. Sie studierte in Oxford (wie Thatcher und Noch-Premier Cameron), arbeitete für die englische Notenbank und stieg in die Lokalpolitik ein, noch bevor sie 30 wurde.
Als seit 2010 amtierende Innenministerin in zwei Cameron-Kabinetten verantwortet May schwierige Themen: Einwanderung, Terrorabwehr, Überwachung, Polizei, Kindesmissbrauch. Kaum jemand hielt sich bisher so lange auf diesem Posten. Im Anlauf zum Brexit-Referendum schlug sie sich zwar auf die Seite von Camerons Pro-EU-Lager, blieb aber zugleich EU-kritisch und hielt sich aus den Querelen weitgehend raus. Das könnte ihr jetzt nützen: In der gespaltenen konservativen Partei sehnen sich viele nach Versöhnung.