Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi setzt große Hoffnungen auf die am Montag in Berlin geplanten Gespräche über die Konsequenzen aus der britischen Entscheidung zum Ausstieg aus der Europäischen Union. "Ich vertraue darauf, dass in Berlin das neue Europa entstehen kann. Ansonsten geht Europa zu Ende", so Prodi im Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Stampa".
"Die Bürger hassen nicht Europa. Sie hassen dieses Europa mit einer Politik, die sie nicht begreifen und die ihnen schadet. Eine Politik, die den Mittelstand zerstört hat", so Prodi. Er warnte vor der Gefahr, dass der Stabilitätspakt in die Brüche gehen könnte. "Das ist nicht der richtige Weg. Man muss verhindern, wieder zu einer Bilanzpolitik zurückzukehren, die außer Kontrolle ist. Zugleich ist aber eine Wende notwendig. Man muss eine Wirtschaftspolitik starten, die Wachstum fördert", so Prodi.
Prodi übte Kritik an Premier David Cameron. Sein Beschluss, ein Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens auszurufen, sei ein großer Fehler gewesen. "Das Referendum ist von Cameron nur aus persönlichen Interessen ausgerufen worden. Daher kann man in gewisser Weise sagen, es geschieht ihm recht", meinte Prodi.
Frankreichs Präsident Francois Hollande und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommen am Montag in Berlin zusammen, um über die Folgen des Brexit-Referendums zu beraten.