Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi hat die Befreiung der Stadt Falluja im Westen des Landes aus den Händen der Terrormiliz IS erklärt. "Im Irak gibt es keinen Platz für Daesh", sagte Al-Abadi am Freitagabend in einer TV-Ansprache. Daesh ist die arabische Abkürzung für den IS. Nächstes Ziel sei die nordirakische IS-Hochburg Mossul, sagte Al-Abadi.

Irakische Regierungskräfte waren zuvor rund vier Wochen nach Beginn einer Offensive auf Falluja ins Zentrum der Stadt eingedrungen. Dort konnten sie das Hauptregierungsgebäude und das Krankenhause zurückerobern. Ein hoher irakischer Offizier erklärte, rund 90 Prozent Fallujas seien unter Kontrolle gebracht worden.

Der IS hatte Falluja im Jänner 2014 eingenommen und von dort seinen Vormarsch im Irak begonnen. Die Stadt rund 70 Kilometer westlich von Bagdad hat eine hohe strategische Bedeutung, da sie an einer wichtigen Verbindungsroute unter anderem nach Syrien liegt. Neben Mossul (Mosul) ist sie die wichtigste IS-Hochburg im Irak.

Weiterer Rückschlag

Die von Al-Abadi verkündete Rückeroberung der vor allem von Sunniten bewohnten Stadt ist für den IS ein weiterer Rückschlag. Die Terrormiliz hatte bereits die naheliegende Provinzhauptstadt Ramadi und die Stadt Tikrit wieder verloren.

Iraks Armee, Polizeikräfte und Milizen hatten die Offensive auf Falluja im Mai begonnen. Die US-geführte internationale Koalition unterstützte die Operation gegen den IS mit Luftangriffen.

Der Vormarsch der Regierungskräfte auf Falluja ging zuletzt deutlich langsamer voran, unter anderem weil die Extremisten Straßen und Gebäude mit zahlreichen Sprengfallen versehen haben. Sie benutzen außerdem Zivilisten als Schutzschilde, wie es aus Militärkreisen hieß. In der Stadt sollen sich noch Zehntausende Menschen aufhalten.

Die Offensive der Regierungskräfte hat jedoch zugleich die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten im Land verschärft. An der Operation im sunnitischen Kernland des Iraks sind auch mehrere berüchtigte schiitische Milizen beteiligt. Sunnitische Politiker und Menschenrechtler warfen ihnen in den vergangenen Tagen Vergeltungsakte gegen Sunniten im Umland von Falluja vor.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wurden 17 Männer eines sunnitischen Stammes erschossen. Schiitische Milizen sollen demnach auch Hunderte Sunniten gefangen genommen und schwer misshandelt haben, weil sie angeblich mit dem IS zusammengearbeitet haben.

Akuter Geldmangel

Die Sunniten sind nach den Schiiten die zweitgrößte religiöse Gruppe im Land. Bis zum Sturz des Regimes von Ex-Diktator Saddam Hussein im Jahr 2003 bildeten sie die Elite in Regierung, Verwaltung, Militär und Geheimdiensten. Das Saddam-Regime unterdrückte Schiiten mit brutaler Gewalt. Heute fühlen sich viele Sunniten von der von Schiiten dominierten Regierung diskriminiert. Eine Folge daraus ist der Zulauf für den IS.

Zudem entfaltete sich in Falluja in den vergangenen Tagen ein weiteres Flüchtlingsdrama. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge flohen seit Beginn der Offensive mehr als 40.000 Menschen unter größter Lebensgefahr aus der umkämpften Stadt. Hilfsorganisationen fehlt es jedoch akut an Geld, um die notleidenden Menschen zu unterstützen. Die UN haben 2016 nach eigenen Angaben erst 31 Prozent des Geldes erhalten, das sie für die Versorgung von mehr als sieben Millionen Irakern in Not benötigen.