In Kroatien werden wieder die alten ideologischen Schlachten geschlagen. Die nationalkonservative HDZ, die gerade ihre eigene Regierung gestürzt hat, warnt erneut vor den oppositionellen Sozialdemokraten als den "Kindern der Kommunisten und Partisanen" aus dem Zweiten Weltkrieg. Die kritisieren, dass die HDZ unter ihrem Chef Tomislav Karamark oin die extreme rechte politische Ecke gerückt ist.

Und zwar wie niemals zuvor in ihrer Geschichte, wie die Sozialdemokraten (SDP) betonen. Beide etwa gleich großen Lager stehen einanderv unversöhnlich gegenüber. Dieser Konflikt hatte zuletzt Zehntausende Eltern und Schüler auf die Straßen getrieben. Sie hatten dagegen demonstriert, dass die seit über einem Jahr geplante grundlegende Reform des Bildungssystems von der HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) gemeinsam mit der mächtigen katholischen Kirche wieder einen reaktionären Stempel aufgedrückt bekommen soll. Über 500 Bildungsexperten, die diese Reform ausgearbeitet hatten, traten aus Protest zurück.

Dass sich das im Juni 2013 der EU beigetretene Land in einer schweren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise befindet, wird von allen Politikern anerkannt. Doch über den Ausweg aus dieser Sackgasse besteht nur Uneinigkeit. Die Hauptgründe der Misere: Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um rund 12 Prozent seit 2008, eine aufgeblähte und teure Staatsverwaltung, geringe ausländische Investitionen, unbezahlbares Rentensystem bei Überalterung der Bevölkerung, Massenabwanderung junger und gut ausgebildeter Bürger und überall grassierende Korruption.

Statt die dringend notwendigen Reformen anzugehen, sei vor allem von der konservativen HDZ wieder die Ideologie vergangener Jahrzehnte hervorgekramt worden, kritisierte am Freitag der frühere Staatspräsident Stjepan Mesic in einem dpa-Gespräch. HDZ-Chef Karamarko habe die Partei radikal nach rechts gerückt, ist auch die inzwischen aus der HDZ ausgeschlossene einstige Regierungschefin Jadranka Kosor empört. Selbst für Franjo Tudjman, HDZ-Gründer und als erster Staatspräsident "Vater der kroatischen Unabhängigkeit", sei die Nähe zum Faschismus niemals infrage gekommen.

Die Probleme Kroatiens wiegen so schwer, dass eine Regierung eines Lagers mit einer knappen Mehrheit diese kaum lösen könnte. Für eine grundlegende Reform des gesamten Systems wäre eine breite Koalition notwendig, sagen viele heimische Kommentatoren. Doch an eine Große Koalition wollen weder die HDZ noch die SDP auch nur einen Gedanken verschwenden. Denn nach vielen persönlichen Attacken sind ihre Spitzenpolitiker auch persönlich regelrecht verfeindet.

Dabei wäre es im Prinzip ganz einfach, das Adrialand wieder flott zu machen, meint der renommierte Wirtschaftswissenschafter Ljubo Jurcic. Die Parteien müssten nur die Gängelung der 4,4 Millionen Bürger aufgeben und sie einfach machen lassen, lautet seine Analyse. Dann könnte das kroatische Wirtschaftswachstum innerhalb von nur zwei Jahren schon wieder vier Prozent betragen: "Eine mittelmäßige Politik würde schon reichen."