Die Frau des Todesschützen von Orlando wollte ihren Mann nach Informationen des US-Senders NBC angeblich von seiner Tat abhalten. Das habe sie dem FBI gesagt, berichtete der Sender am Dienstag ohne nähere Angaben von Quellen. Sie sei bei ihm gewesen, als Omar Mateen Munition und ein Holster gekauft habe.
Weiterhin habe die Frau angegeben, ihren Mann einmal zu dem Club gefahren zu haben, der am Sonntag Ziel des Terroranschlags wurde, bei dem Mateen mindestens 49 Menschen erschoss. Ihr Mann habe das "Pulse" auskundschaften wollen, habe sie gesagt.
NBC berichtete unter Berufung auf Justizkreise, Noor Mateen müsse mit einer Anklage rechnen, weil sie die Behörden nicht informiert habe. Mateen war zwei Mal verheiratet. Mit seiner Frau Noor hatte er einen dreijährigen Sohn.
Sechs Opfer weiter in Lebensgefahr
Nach dem Attentat in Orlando sind sechs Opfer weiter in Lebensgefahr. Das berichteten die Ärzte im Regional Medical Center von Orlando am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Insgesamt werden dort noch 27 Patienten behandelt, meist an Schusswunden. "Die meisten erholen sich stetig", sagte der behandelnde Arzt, Mike Cheatham. Es seien jedoch weiterhin Operationen notwendig. Einige Patienten müssten auch mit lebenslangen Beeinträchtigungen rechnen.
Obama kritisiert Trump
Das möglicherweise islamistisch motivierte Massaker von Orlando hat in den USA eine in seltener Schärfe geführte Debatte über den Umgang mit Muslimen ausgelöst. "Der Killer von Orlando war ein US-Bürger. Wollen wir jetzt deswegen alle Muslime wegen ihres Glaubens diskriminieren?", fragte Präsident Barack Obama am Dienstag bei einer Rede in Washington.
Tags zuvor hatte der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump Obamas Kurs scharf kritisiert und seine Forderung nach einem Einreisebann unter anderem für Flüchtlinge aus Syrien erneuert. Obama sprach in Bezug auf Trumps Worte von "Gerede" und "leerem Geschwätz". "Wenn wir alle Muslime über einen Kamm scheren, gehen wir denen auf den Leim, die einen Krieg zwischen dem Islam und dem Westen oder den USA wollen, dann erledigen wir die Arbeit der Terroristen", sagte Obama. In den USA ist nur etwa ein Prozent der Bevölkerung muslimischen Glaubens.
Republikaner gegen Waffengesetze
Im US-Kongress kam eine Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze auf. Demokratische Abgeordnete forderten vehement strengere Richtlinien für den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen. "Wir haben genug von Schweigeminuten", sagte die demokratische Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi. Die Republikaner im Kongress sind jedoch mit ihrer parlamentarischen Mehrheit gegen Verschärfungen.
Auch die Vereinten Nationen schalteten sich in die Debatte ein und drängten die USA zum Handeln. "Es ist schwer, eine rationale Begründung zu finden, die erklärt, wieso Menschen dort so einfach Schusswaffen kaufen können", sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra'ad Al Hussein, in Genf.
Motiv bleibt unklar
Das FBI konzentriert sich auf die Motivlage des Attentäters Omar Mateen und geht Berichten nach, denen zufolge er selbst schwul war. Selbsthass könne ein Faktor bei der Suche nach dem Motiv des Täters sein, sagte einer der Ermittler am Dienstag. Möglicherweise habe der 29-jährige Omar Mateen durch die Tat zum Märtyrer werden wollen, um Absolution für die nach seiner Ansicht große Sünde zu erhalten.
Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf frühere Mitschüler Mateens, dieser habe bereits im Jahr 2001 die Anschläge vom 11. September bejubelt und Reaktionen auf die Taten veralbert. Auch soll er Berichten zufolge das berühmte Disneyland in Orlando ausspioniert haben.
Die US-Bundespolizei FBI hat nach den Worten ihres Direktors James Comey ein Dickicht von Äußerungen des Attentäters zu entwirren, die dem ersten Anschein nach nicht zusammenpassen. Das FBI schließt weiterhin nicht aus, dass es Mittäter oder Helfershelfer gibt - auch wenn Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton bereits von einem "einsamen Wolf" sprach. Comey hatte am Montag nach ersten Erkenntnissen ausgeschlossen, dass der Attentäter von einem internationalen Terrornetzwerk Instruktionen erhielt. Comey und Obama erklärten, Mateen sei von verschiedenen Quellen über das Internet extremistisch inspiriert worden.
Überlebender berichtet
In dramatischen Worten hat ein Überlebender der Terrornacht von Orlando die Szenen in dem Nachtclub "Pulse" geschildert, wo bei dem Angriff eines Attentäters 49 Menschen starben. Der Mann sei systematisch von einem Raum zum anderen gegangen, um seine Opfer eines nach dem anderen zu erschießen, sagte Angel Colon, der in einem Krankenhaus in der US-Stadt an Schusswunden behandelt wird.
Ihm selbst sei unter anderem drei Mal ins Bein geschossen worden, sagte Colon, in einem Rollstuhl sitzend. Beim Versuch zu flüchten, sei er gestürzt. Im Gewühl seien andere Nachtclubbesucher auf ihn getreten und hätten ihm weitere Knochenbrüche am linken Bein zugefügt. "Ich konnte nichts tun als daliegen und zuschauen, wie alle über mich hinweg liefen", sagte er auf einer Pressekonferenz des Regional Medical Center am Dienstag.
"Ich dachte, ich bin tot"
Als der Angreifer kurz den Raum verließ, habe er geglaubt, in Sicherheit zu sein. Doch der Mann, den die Polizei inzwischen als den 29 Jahre alten Omar Mateen identifiziert hat, sei zurückgekommen und habe systematisch auf am Boden Liegende geschossen, offenbar um sicher zu gehen, dass sie auch wirklich tot sind. "Herzlos und rücksichtslos" sei der Mann vorgegangen, ein junges Mädchen neben ihm habe er einfach über den Haufen geschossen. "Ich dachte, ich bin der nächste, ich dachte, ich bin tot", betonte er.
Der Attentäter habe in Richtung seines Kopfes geschossen, aber nur seine Hand und seine Hüfte getroffen. Schließlich habe ihn ein Polizist am Arm aus dem Gewühl gezogen und ihn in Sicherheit gebracht. "Ich spüre noch immer all das Blut auf meinem Körper", sagte Colon.