"Auf Basis einer aktuellen Lagebeurteilung wird die Division von Judäa-Samaria um zwei Bataillone verstärkt", erklärte Armeesprecher Peter Lerner unter Verwendung der Bezeichnung der israelischen Behörden für das Westjordanland. Bataillone haben eine unterschiedlich große Truppenstärken; auf Anfrage hieß es bei der Armee, es gehe um die Entsendung von mehreren hundert Soldaten.
Außerdem wurden Einreisegenehmigungen für Zehntausende Palästinenser zurückgenommen, die im Fastenmonat Ramadan Verwandte in Israel besuchen wollten. Am Mittwoch waren vier Israelis getötet worden.
Täter in Anzug und Krawatte
Zwei palästinensische Attentäter hatten am Mittwochabend in Tel Aviv im Ausgehviertel Sarona um sich geschossen, wo viele Israelis den Sommerabend verbrachten. Augenzeugen berichteten, die Täter hätten schwarze Anzüge und Krawatten getragen und offenbar wahllos auf Bar- und Restaurant-Besucher geschossen.
Einer der Angreifer wurde nach Polizeiangaben festgenommen, der andere mit schweren Schussverletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Über mögliche Komplizen war zunächst nichts bekannt. Ein Sprecher der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas sprach von einer "heldenhaften" Tat. Aber auch gemäßigtere Fatah-Partei bezeichnete den Anschlag als verständliche Antwort auf Israels Politik. Der Angriff sei "eine individuelle und natürliche Reaktion" auf die Gewalt durch den Staat Israel, sagte Fatah-Sprecher Munir al-Jaghoub.
"Kaltblütige Morde"
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte die "kaltblütigen terroristischen Morde" und kündigte nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts eine Reihe von "offensiven und defensiven Schritten" an. "Es wird intensive Einsätze von Polizei, Armee und anderen Sicherheitsdiensten geben", erklärte Netanyahu. Dabei werde es nicht nur darum gehen, die Hintermänner der Tat zu fassen, sondern auch darum, "weiteren Vorfällen vorzubeugen".
Bei den beiden Angreifern handelte es um zwei Cousins aus dem Westjordanland. Ihre Heimatstadt Jatta südlich von Hebron wurde von israelischen Soldaten abgeriegelt.
Wie die dem Verteidigungsministerium unterstellte israelische Zivilverwaltung für die besetzten Gebiete mitteilte, wurden zudem die Genehmigungen für Familienbesuche für Palästinenser "eingefroren". Betroffen sind demnach 83.000 Palästinenser aus dem Westjordanland und 200 Bewohner des Gazastreifens, die während des Ramadans Verwandte in Israel und heilige Stätten besuchen wollten.
International verurteilt
International wurde der schwerste Anschlag in Tel Aviv seit Monaten scharf verurteilt. Das US-Außenministerium sprach von einem "schrecklichen Terroranschlag". Solche "feigen Anschläge gegen unschuldige Zivilisten" könnten "niemals gerechtfertigt werden". Der UNO-Koordinator für den Friedensprozess, Nikolai Mladenov, bezeichnete es als "schockierend", dass die Hamas den Anschlag begrüßt habe.
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte den "abscheulichen Anschlag" aufs Schärfste, wie er im Online-Kurznachrichtendienst Twitter schrieb. Sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einem "mörderischen Anschlag" gegen Menschen, die in Restaurants und Cafés "friedlich ihren Feierabend verbrachten". Wer solche Taten auch noch rechtfertige, mache sich "mitschuldig an dem Mord von Unschuldigen, und auch an der politischen Blockade".
Israel und die Palästina werden seit Oktober von einer neuen Gewaltserie erschüttert, bei der bisher mindestens 207 Palästinenser, 32 Israelis und vier Ausländer getötet wurden. Bei der Mehrzahl der getöteten Palästinenser handelte es sich um erwiesene oder mutmaßliche Attentäter, die zumeist Messer, seltener auch Schusswaffen oder Autos für ihre Angriffe nutzten. Andere starben bei Protestaktionen gegen die israelische Besatzung des Westjordanlands und Ostjerusalems.