Die 36-jährige Rechtsanwältin wird sich gegen den von Premier Matteo Renzi unterstützten Vizepräsidenten der Abgeordnetenkammer, Roberto Giachetti, messen müssen, der es auf lediglich 24 Prozent der Stimmen schaffte, was deutlich unter den Erwartungen des Ministerpräsidenten lag.

Renzis Partito Democratico (PD) musste in mehreren am Wahlkampf beteiligten Gemeinden schwere Stimmenverluste hinnehmen. "Ich bin nicht zufrieden. Unsere Partei hat Probleme, die wir analysieren müssen", gab der Premier bei einer Pressekonferenz zu.

Die Wahl in 1.342 Gemeinden und zahlreichen Metropolen des Landes war zuvor als wichtiger Stimmungstest für die Mitte-Links-Regierung gewertet worden. 13,5 Millionen Menschen waren am Sonntag zu den Urnen gerufen. Die Wahlbeteiligung lag bei 62 Prozent, das sind fünf Prozent weniger als bei den vergangenen Kommunalwahlen vor fünf Jahren, teilte das Innenministerium mit.

Mit einem Elf-Punkte-Programm, das auf Transparenz, Kampf gegen Korruption, bessere öffentliche Verkehrsverbindungen, mehr Sicherheit und grünen Parkanlagen fußt, hofft die attraktive und redegewandte Grillo-Kandidatin, zur ersten Frau aufzurücken, die die Drei-Millionen-Metropole regiert. "Eine Stadt, fünf Sterne, drei Millionen Strahlen", lautet Raggis Slogan in Anspielung auf ihren Familiennamen, der auf Italienisch "Strahlen" bedeutet. Mit ihrem Engagement in problematischen Stadtvierteln gewann die Mutter eines dreijährigen Buben den Respekt und die Sympathie vieler Bürger, die sie vor drei Jahren ins Stadtparlament wählten.

Der neue Bürgermeister wird sich mit gewaltigen Hürden konfrontiert sehen. Rom ächzt unter einer Monsterverschuldung von 25 Milliarden Euro und steht vor der Pleite. Schlendrian in der Verwaltung, korrupte Politiker, ein ineffizientes öffentliches Verkehrsnetz und Engpässe bei der Müllentsorgung sind Probleme, vor denen auch abgebrühtere Politiker als die politisch eher unerfahrene Kandidatin Raggi nur schaudern würden. Jeder Versuch der Erneuerung wird seit Jahren im Keim erstickt. Infolge eines Skandals musste Bürgermeister Ignazio Marino von Renzis PD im vergangenen Oktober zurücktreten. Seither wird die Stadt kommissarisch verwaltet. Alle Parteien hatten Schwierigkeiten, überhaupt Kandidaten für das Bürgermeisteramt zu finden. Zu groß scheinen die Aufgaben, die es zu lösen gilt.

Mehrere spannende Stichwahlen kündigen sich in den Großstädten an. In Mailand wird Renzis Kandidat Giuseppe Sala mit 41,6 Prozent der Stimmen in die Stichwahl gehen. Sala, ehemaliger Chef der im Oktober zu Ende gegangenen Weltausstellung in der lombardischen Metropole, misst sich mit dem Kandidaten aus dem Mitte-Rechts-Lager Stefano Parisi, der es laut vorläufigen Ergebnissen mit 40,9 Prozent schaffte.

In Turin kann der seit fünf Jahren amtierende Bürgermeister Piero Fassino (PD) auf einen Amtsverbleib hoffen. Der Ex-Justizminister soll mit 41,8 Prozent in die Stichwahl gegen die Rivalin der Fünf Sterne-Bewegung, Chiara Appendino, gehen, die überraschend 30,9 Prozent der Stimmen eroberte. In Neapel ist der amtierende linke Bürgermeister Luigi De Magistris vorn. Er soll gegen den Mitte-Rechts-Kandidaten Giovanni Lettieri zur Stichwahl in zwei Wochen zugelassen werden. In Bologna soll es der amtierende Bürgermeister Virginio Merola (PD) in die Stichwahlen gegen die Mitte-rechts-Kandidatin Lucia Bergonzoni geschafft haben.