"Im rechtlichen Fokus steht ein möglicher Verstoß gegen Paragraf 103 des Strafgesetzbuches, Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten."
Deutschler sagte, dass die Staatsanwaltschaft zur Beweissicherung einen Mitschnitt des in der Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragenen Schmähgedichts anfordern werde. Anschließend werde geprüft, ob die formalen Voraussetzungen für eine Strafverfolgung erfüllt seien. Dies sei nur möglich, wenn die türkische Regierung ein Strafverfahren verlange und die Bundesregierung eine Ermächtigung erteile.
Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels" kam das Auswärtige Amt in einer internen Prüfung zu dem Schluss, dass sich Böhmermann höchstwahrscheinlich strafbar gemacht habe. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes stellte am Mittwoch aber klar, dass es nicht Aufgabe des Auswärtigen Amtes sei, juristisch zu entscheiden, ob in einzelnen Fällen Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung überschritten worden seien.
Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe geahndet werden. Erfolgt die Beleidigung mit verleumderischer Absicht, kann sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden.
Böhmermann hatte in der am vergangenen Donnerstag ausgestrahlten Sendung Erdogan mit Worten unter der Gürtellinie verunglimpft. Das ZDF nahm die Passage anschließend online aus der Mediathek und strich sie aus Wiederholungen. Die Parodie entspreche "nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt", begründete der Sender sein Vorgehen. Zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wollte sich das ZDF auf Nachfrage von AFP zunächst nicht äußern.
Böhmermann hatte das Schmähgedicht als Reaktion auf die Kontroverse um einen Satire-Beitrag des NDR-Magazins "extra 3" vorgetragen, der sich kritisch mit Verletzungen der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei sowie mit dem Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen Kurden im Südosten des Landes auseinandergesetzt hatte. Ankara hatte wegen des "extra 3"-Beitrags den deutschen Botschafter vorgeladen und eine Löschung verlangt. Dies war aber zurückgewiesen worden.
Böhmermanns Erdogan-Satire schlug in den vergangenen Tagen politisch hohe Wellen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete den Beitrag in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu als "bewusst verletzend". Regierungssprecher Steffen Seibert machte am Mittwoch aber deutlich, dass die Kanzlerin den türkischen Regierungschef nicht eigens wegen des Schmähtextes angerufen habe. Das Thema sei lediglich bei dem länger vereinbarten Telefonat zur Sprache gekommen.