Österreich kann bei seiner Flüchtlingspolitik auch auf den Kosovo zählen. "Sollte es zu einer Bewegung in Richtung des Kosovo kommen, werden wir uns mit der EU und den Nachbarländern koordinieren, aber auch unsere Solidarität zeigen", betonte der kosovarische Außenminister Hashim Thaci am Donnerstagabend nach einem Treffen mit seinem österreichischen Kollegen Sebastian Kurz (ÖVP) in Pristina.
"Wir werden dabei die Sicherheitsfrage nicht vergessen", versicherte Thaci. Derzeit sei der Kosovo aber "nicht stark" von der Flüchtlingsfrage betroffen. Kurz sagte auf der vorletzten Station seiner Reise durch die Region, er sei "sehr dankbar, dass die Westbalkanstaaten bereit sind, gemeinsam mit uns die Flüchtlingsströme zurückzudrängen." Insbesondere Mazedonien, das der Außenminister am morgigen Freitag als letzten der sechs Westbalkan-Staaten besucht, werde "eine sehr wichtige Rolle haben".
Der Außenminister erinnerte in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Thaci auch an die große Migrationsbewegung aus dem Kosovo im Vorjahr. "Wir haben es gemeinsam geschafft, dass diese Menschen in den Kosovo zurückgestellt worden sind", dankte Kurz den kosovarischen Behörden für ihren diesbezüglichen Einsatz. Zugleich stellte er klar, dass sich an der Politik Österreich gegenüber Migranten aus dem Kosovo nichts geändert habe. "Es gibt keine Chance für illegale Migranten in Österreich." Wer die Einreise versuche, "muss damit rechnen, dass er innerhalb kürzester Zeit zurückgestellt wird".
Gemeinsam in Richtung Europa
Mit Blick auf die innenpolitischen Spannungen wegen des Normalisierungsprozesses mit Belgrad sagte Kurz, dass die Vereinbarungen mit Serbien umgesetzt werden müssten. Das sei "wichtig für die Länder, für die Region, und es ist auch die Basis für eine Annäherung an die Europäische Union". Eine positive Entwicklung des Kosovo sei dann gewährleistet, "wenn sich die Beziehungen mit Belgrad Schritt für Schritt normalisieren", machte Kurz klar. In diesem Zusammenhang verurteilte er auch den gewaltsamen Widerstand der nationalistischen Opposition. Es habe ihn "sehr schockiert", auf dem Weg ins Regierungsgebäude eingeschlagene Fensterscheiben zu sehen.
Thaci lobte das Engagement seines österreichischen Amtskollegen für die gesamte Region und den Kosovo und versprach, den Dialog mit Serbien weiterzuführen. Dies sei nämlich "der wichtigste Schlüssel zur Lösung aller offenen Fragen", betonte der frühere Rebellenführer, der bald auf den Posten des Staatspräsidenten wechseln dürfte.
Die beiden Minister vereinbarten auch einen bilateralen Aktionsplan, der Maßnahmen für die beschleunigte EU-Annäherung des Kosovo enthält. So soll das im vergangenen Herbst unterzeichnete Stabilisierungs- und Annäherungsabkommen (SAA) "möglichst im Frühjahr 2016" in Kraft treten, und auch die Visaliberalisierung soll noch heuer über die Bühne gebracht werden. Der Kosovo ist der einzige Westbalkan-Staat, dessen Bürger noch ein Visum für die Einreise in die Europäische Union benötigen.
"Brücke" Fußball
Nicht nur symbolischer Natur ist auch die Vereinbarung, dass nach der Fußball-Europameisterschaft erstmals ein freundschaftliches Länderspiel zwischen Österreich und dem Kosovo stattfinden soll. Die Unabhängigkeit des Kosovo ist international immer noch umstritten, fünf EU-Staaten erkennen sie nicht an. Der Weltfußballverband FIFA erlaubt dem Kosovo Freundschaftsspiele, eine Zulassung zu internationalen Bewerben gibt es wegen des umstrittenen Status des Landes noch nicht. Thaci sagte bei der Pressekonferenz mit Kurz, dass der Kosovo bereits von 111 Staaten weltweit anerkannt sei und sich immer mehr etabliere.
Kurz hatte im Kosovo die österreichischen KFOR-Soldaten und eine mit österreichischen Entwicklungshilfegeldern modernisierte Landwirtschaftsschule besucht, ehe er Premier Isa Mustafa und Thaci traf. Am Abend kam Kurz auch mit österreichischen Wirtschaftstreibenden zusammen. Die bilateralen Handelsbeziehungen haben sich jüngst intensiviert, die österreichischen Exporte stiegen in den ersten drei Quartalen des Vorjahres um 35 Prozent auf 27,5 Millionen Euro, die Importe aus dem Kosovo verdoppelten sich sogar auf 11,4 Millionen Euro.