Auch die CSU-Landtagsabgeordneten wollen Merkel bei ihrer Klausurtagung am Mittwoch in Wildbad Kreuth ein Schreiben mit Forderungen überreichen. Mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt wandte sich auch ein Minister des deutschen Regierungskabinetts gegen Merkels Kurs. In Umfragen sackt die Union weiter ab.

"Wir erwarten wie in früheren Fällen innerhalb einer Woche eine Antwort der Bundeskanzlerin", sagte einer der Initiatoren der Brief-Aktion der Nachrichtenagentur Reuters. Das Schreiben wurde von 44 Abgeordneten unterzeichnet. In den Reihen der Initiatoren des Merkel-kritischen Briefs hatte man ursprünglich gehofft, wesentlich mehr Parlamentarier zu einer Unterschrift bewegen zu können.

Insgesamt unterstützten aber rund 100 Unions-Abgeordnete die Forderung nach strikter Anwendung des Dublin-Abkommens, hieß es unter Verweis auf die 56 Parlamentarier starke CSU-Landesgruppe, die sich ja bereits bei ihrer Klausurtagung für eine Politikänderung und ein entschiedeneres Zurückweisen von Asyl- und Schutzsuchenden an der deutsch-österreichischen Grenze ausgesprochen habe. Daher habe man bewusst auch nur drei CSU-Abgeordnete unterschreiben lassen.

Die Initiatoren hatten ihren Vorstoß vergangene Woche noch entschärft. Sie wollten zunächst in der Fraktion über einen Antrag abstimmen lassen, der auf ein Zurückweisen von Flüchtlingen an der Grenze abzielte. Nun heißt es in dem der dpa vorliegenden Schreiben an die Kanzlerin: "Wir stehen vor einer Überforderung unseres Landes. Deshalb halten wir eine Änderung der derzeitigen Zuwanderungspraxis (...) durch die Rückkehr zur strikten Anwendung des geltenden Rechts für dringend geboten."

Ein weiterer Brief der CSU-Landtagsabgeordneten an Merkel wird nach Angaben aus Parteikreisen von der "Gruppe 2013" vorbereitet, die etwa 30 Mitglieder hat. Auch hier werde die Stoßrichtung sein, den Zustrom deutlich zu reduzieren. Die CSU und ihr Parteichef Horst Seehofer drängen Merkel, die Mittwoch bei der CSU in Kreuth erwartet wird, seit langem zum Handeln und drohen mit Verfassungsklage. Merkel lehnt nationale Lösungen wie Grenzschließungen ab und beharrt auf Maßnahmen auf europäischer Ebene.

Verkehrsminister Dobrindt sagte dem "Münchner Merkur", es reiche nicht mehr aus, der Welt ein freundliches Gesicht zu zeigen. Er rate dazu, einen Plan B vorzubereiten. Die Belastungsgrenze in Deutschland sei erreicht. "Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir um Grenzschließungen nicht herumkommen", sagte der CSU-Politiker.

Einen Gegenbrief initiierte der CDU-Abgeordnete Martin Patzelt. Darin wenden er und seine Mitstreiter sich dagegen, das Ansehen und die Entscheidungskompetenz der Kanzlerin in dieser schwierigen Situation zu gefährden.

Die Nervosität dürfte auch auf die schlechten Umfragewerte für die Union wenige Wochen vor wichtigen Landtagswahlen zurückzuführen sein. Laut INSA-Institut im Auftrag von "Bild" büßten CDU/CSU zur Vorwoche 2,5 Punkte ein und erreichen nur noch 32,5 Prozent. Auch im jüngsten ZDF-Politbarometer und im ARD-Deutschlandtrend war die Union um zwei Punkte auf jeweils 37 Prozent abgesackt.

EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos kündigte unterdessen in der "Süddeutschen Zeitung" an, die in Griechenland und Italien geplanten Hotspots seien in vier Wochen voll einsatzbereit. Dort sollen die Migranten registriert werden, um sie in der EU zu verteilen. Eigentlich sollten die Registrierzentren schon Ende 2015 arbeiten.