Die EU-Kommission hatte am Mittwoch erstmals überhaupt ein Verfahren zur Überprüfung des Rechtsstaates in einem Mitgliedstaat eingeleitet, was bis zu einem Stimmrechtsentzug führen kann. Hintergrund ist das Vorgehen der neuen nationalkonservativen Regierung in Polen, die seit ihrem Amtsantritt im November eine Reihe von Gesetzen beschloss, die sich den Kritikern zufolge gegen die Medienfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz richten. So können die Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender künftig direkt von der Regierung ernannt oder abberufen werden. Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo wies die Vorwürfe erneut zurück und sprach von "Verleumdung".

Schulz sagte, die polnische Seite bekomme nun eine Liste von Fragen zur Beantwortung zugesandt. Noch nicht entschieden sei, ob auch das EU-Parlament sich in der kommenden Woche mit Polens neuer Regierung und den Gesetzen zum Verfassungsgericht und einer schärferen Medienkontrolle befassen werde.

Der dreistufige Rechtsstaatsmechanismus war Anfang 2014 von der EU-Kommission eingeführt worden und wurde bisher noch nie angewendet. Kommt es in einem Dialogverfahren zu keiner Einigung, kann dieses zu Sanktionen führen, die bis zum Entzug von Stimmrechten reichen.

Dazu müssten die anderen Mitgliedstaaten aber einstimmig feststellen, dass es in Polen einen "schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß" gegen EU-Grundwerte gibt. Der Polen-Verbündete Ungarn hat bereits klar gemacht, dass er Sanktionen gegen Warschau nicht unterstützen würde.