Saudi-Arabien hatte nach der Erstürmung seiner Botschaft in der iranischen Hauptstadt Teheran bereits die diplomatischen Beziehungen zu dem Erzrivalen abgebrochen. Die Proteste im Iran waren durch die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr im sunnitischen Saudi-Arabien ausgelöst worden.

Saudi-Arabiens Außenminister erklärte, der Iran müsse sich wie ein normales Land verhalten und internationale Normen respektieren, bevor die Beziehungen wieder normalisiert werden könnten. Iranische Pilger seien allerdings nach wie vor willkommen, die heiligen Stätten in Mekka und Medina zu besuchen.

Die Eskalation am Golf bereitet den Weltmächten zunehmend Sorge. Nach den USA forderten auch China, Russland und Frankreich eine diplomatische Lösung der Krise. In Moskau erklärte ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter des Außenministeriums laut Nachrichtenagentur RIA, sein Land stehe als Vermittler zur Verfügung. "Als Freunde, wären wir - sollten wir gefragt werden - bereit, eine Vermittlerrolle einzunehmen, um die gegenwärtigen und mögliche künftige Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen beiden Ländern auszuräumen."

Angriffe auf diplomatische Vertretungen könnten nie eine legale Möglichkeit des Protests sein, rügte Russland die Stürmung der saudi-arabischen Botschaft in Teheran. Das Außenministerium in Moskau zeigte sich ernsthaft besorgt über die sich immer weiter verschlechternde Lage in der Region und forderte beide Seiten zur Zurückhaltung und dem Verzicht auf jegliche Schritte auf, die den Konflikt anheizten. Moskau unterhält enge Beziehungen zum Iran und hatte sowohl bei dessen Einbeziehung in die Suche nach einer Lösung des Syrien-Konflikts wie auch beim Kompromiss um das iranische Atomprogramm eine wichtige Rolle gespielt.

US-Außenminister John Kerry drängte indessen seine Kollegen aus Saudi-Arabien und dem Iran in Telefonaten zu einer Beruhigung der Lage. Aus Regierungskreisen in Washington hieß es am Montag, dass Kerry den iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif und den saudi-arabischen Außenminister Adel al-Jubeir angerufen habe. "Wir rufen zur Ruhe und zur Deeskalation auf", sagte ein US-Regierungsvertreter.

Die USA sind ein traditioneller Verbündeter Saudi-Arabiens. Zum Iran unterhalten sie seit der Besetzung ihrer Botschaft in Teheran nach der iranischen Revolution 1979 keine diplomatischen Beziehungen. Mit dem Abkommen über das iranische Atomprogramm näherten sich Washington und Teheran zuletzt aber vorsichtig an. Eine weitere Eskalation im iranisch-saudiarabischen Verhältnis könnte die Umsetzung der Atom-Vereinbarung gefährden.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief beide Länder zur Mäßigung auf. Ban habe die Außenminister beider Länder aufgefordert, jede Aktion zu unterlassen, die die Situation verschärfen könnte, sagte ein UN-Sprecher am Montag in New York. Ban unterstrich, dass konstruktive Beziehungen zwischen beiden Ländern für die Entwicklung und Sicherheit der ganzen Region wichtig seien. Saudi-Arabien habe er daran erinnert, dass die Vereinten Nationen die Todesstrafe ablehnten. Bei Teheran unterstrich Ban dem Sprecher zufolge, dass das Land für den Schutz der Botschaften verantwortlich sei.

Im schiitisch regierten Irak löste die Zerstörung zweier sunnitischer Moscheen am Sonntagabend Furcht vor einem Wiederaufflammen der religiösen Gewalt aus, die das Land nach dem Sturz des früheren Machthabers Saddam Hussein viele Jahre lang erschüttert hatte. Der Führer einer schiitischen Miliz drohte, die Tötung Scheich Nimrs habe "das Tor zur Hölle" geöffnet. In der Hauptstadt Bagdad und im schiitischen Süden des Landes beteiligten sich Tausende Menschen an Protestmärschen gegen die Hinrichtung Nimrs. Sie forderten einen Boykott saudi-arabischer Waren und den Abbruch der Beziehungen zu Riad.

In Bahrain feuerte die Polizei mit Tränengas und Vogelschrot auf Demonstranten, die gegen die Hinrichtung protestierten. Einige Dutzend verschleierte Frauen riefen Augenzeugen zufolge "Nieder mit dem Hause Saud". Dann sei eine Gruppe vermummter Jugendlicher aufgetaucht und habe die Polizisten mit Steinen und Brandsätzen beworfen. Bahrain gilt seit 2011 als instabil, als ein Schiiten-Aufstand Reformen und mehr Mitsprache in dem von Sunniten regierten Land forderte. Die Rebellion wurde damals mit Hilfe des saudi-arabischen Militärs niedergeschlagen.

Das Verhältnis zwischen dem Iran und Saudi-Arabien war jahrzehntelang schwierig, die Eskalation vom Sonntag allerdings markiert einen lange nicht erreichten Tiefpunkt. 1988 hatte Saudi-Arabien das letzte Mal die Beziehungen zum Iran abgebrochen.