Die diplomatische Vertretung des Iran und alle mit ihr verbundenen Einrichtungen seien aufgefordert worden, Saudi-Arabien innerhalb von 48 Stunden zu verlassen, fügte der Außenminister hinzu. Das sunnitische Königreich Saudi-Arabien hatte am Freitag insgesamt 47 Menschen hingerichtet, darunter auch den prominenten schiitischen und regierungskritischen Geistlichen. Daraufhin war es im Iran zu heftigen Protesten gekommen.

Der oberste geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Khamenei, drohte zuvor den Politikern Saudi-Arabiens mit der "Rache Gottes". "Das ungerechtfertigt vergossene Blut dieses Märtyrers wird rasche Konsequenzen haben und die Hand Gottes wird Rache an der saudi-arabischen Führung nehmen", sagte Khamenei am Sonntag in Teheran. "Dieser Gelehrte ermutigte Menschen weder zu bewaffnetem Handeln, noch schmiedete er geheime Pläne, das einzige was er tat, war öffentlich Kritik zu äußern." Die einflussreichen iranischen Revolutionsgarden, eine Elite-Einheit der Armee, drohten Riad mit "heftiger Rache".

Auf der Internet-Seite Khameneis war ein Bild eines saudi-arabischen Henkers neben dem als "Jihadi John" bekannt gewordenen IS-Extremisten zu sehen. Das Foto trug die Bildunterschrift: "Irgendwelche Unterschiede?". Dem inzwischen vermutlich getöteten "Jihadi John" wird die Enthauptung mehrerer westlicher Geiseln zur Last gelegt.

Der 56-jährige Nimr Baqir al-Nimr war ein entschiedener Gegner des erzkonservativen sunnitischen Königshauses in Riad. Er hatte während der Proteste im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 die Abspaltung der östlichen Regionen Katif und Ihsaa befürwortet, in denen die meisten der rund zwei Millionen Schiiten Saudi-Arabiens leben. Schon Nimrs Festnahme im Juli 2012 hatte schwere Proteste ausgelöst. Im Oktober 2014 wurde Nimr wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes zum Tode verurteilt. Hingerichtet wurde er am Samstag gemeinsam mit 46 weiteren Menschen wegen Terrorvorwürfen.

Die Wut über die Massenhinrichtung entlud sich auch auf den Straßen. In Teheran griff eine aufgebrachte Menge am Samstagabend die saudi-arabische Botschaft an und warf Brandsätze in das Gebäude. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurden 40 Menschen festgenommen, die in die Botschaft eingedrungen waren. Im iranischen Mashhad wurde das saudi-arabische Konsulat angegriffen, dort gab es vier Festnahmen. Am Sonntag gingen in Teheran erneut mehr als 1.000 Demonstranten auf die Straße.

Irans Präsident Hassan Rohani sprach von einem "unislamischen" Vorgehen Riads. Rohani verurteilte Staatsmedien zufolge jedoch den Angriff auf die saudi-arabische Botschaft und forderte die strafrechtliche Verfolgung der Angreifer.

Das saudi-arabische Innenministerium kritisierte den Ton Teherans mit Bezug auf die Hinrichtungen als "aggressiv". Das Außenministerium bestellte den iranischen Botschafter in Riad ein. Der Iran unterstütze "schamlos" den "Terrorismus" und gefährde die regionale Stabilität. Teheran sei "das letzte Regime auf der Welt, das andere der Unterstützung des Terrorismus bezichtigen darf", erklärte ein Außenamtssprecher.

Auch in Bahrain gab es Proteste, ebenso in der den Schiiten heiligen irakischen Stadt Kerbala. Der irakische Regierungschef Haidar al-Abadi erklärte, die Unterdrückung von Meinungsfreiheit und friedlicher Opposition habe "Konsequenzen für die Sicherheit, Stabilität und den sozialen Zusammenhalt der Region". Iraks oberster schiitischer Geistlicher Ayatollah Ali al-Sistani erklärte, sein Land habe in "tiefer Trauer und mit Bedauern die Nachricht vom Märtyrertod einer Gruppe von Brüdern in der Region erfahren". Die Hinrichtung der 47 Verurteilten sei "eine Ungerechtigkeit und eine Aggression".

International wurden Befürchtungen laut, dass die Lage in der Region eskalieren könnte. Das US-Außenministerium erklärte, der Tod von Nimr drohe religiöse Spannungen zu einer Zeit zu verschärfen, in der sie dringend abgebaut werden müssten. Ähnlich äußerten sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Kurz rief in einem Telefonat mit seinen Amtskollegen, Mohammad Javad Zarif (Iran) und Adel al-Jubeir (Saudi-Arabien), zur Deeskalation auf.

Der schiitische Iran und das sunnitische Königreich Saudi-Arabien ringen um die Vormachtstellung in der Region. Das führt immer wieder zu Konflikten.