Der EU-Gipfel hat dem britischen Premierminister David Cameron Kompromissbereitschaft im Ringen um die von ihm geforderte EU-Reform signalisiert - am Freitag aber noch ohne konkrete Zusagen nach London zurück geschickt. Knackpunkt bleibt Camerons Hauptwunsch, die Zuwanderung durch Sozialkürzungen für EU-Ausländer zu begrenzen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich aber offen für Vertragsänderungen, wenn dadurch die EU-Grundpfeiler von Nichtdiskriminierung und Freizügigkeit nicht ausgehebelt würden.

Cameron deutete an, dass er das Referendum schon für kommendes Jahr ansetzen könnte. Er glaube, 2016 werde das Jahr, in dem "ein grundlegender Wandel der Beziehungen Großbritanniens mit der EU gelingt", sagte er zum Gipfelabschluss. "Dann ist es an den Briten zu entscheiden, ob sie bleiben oder austreten wollen. Es ist ihre Wahl." Um dann das Bekenntnis hinzuzufügen: "Die beste Zukunft für Großbritannien ist in einer reformierten EU."

Reform unscharf

Wie die Reform aussehen wird und kann, blieb am Donnerstag und Freitag aber noch unscharf. London pocht auf mehr Rechte für nationale Parlamente, auf eine Optimierung des Binnenmarktes und Bürokratieabbau - aber eben auch auf eine Einwanderungsbegrenzung durch Sozialleistungskürzung für EU-Ausländer in ihren ersten vier Jahren auf der Insel.

EU-Ratschef Donald Tusk und Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande hatten dies am Donnerstag als "inakzeptabel" bezeichnet, weil sie die Nichtdiskriminierung und Freizügigkeit bedroht sehen. Merkel klang am Freitag nicht so kategorisch: Es gehe um die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, und "ausdrücklich nicht um die Freizügigkeit von Menschen, die keine Arbeit haben oder lediglich Arbeit suchen", sagte sie. Es müsse nun im Detail diskutiert werden, wann Sozialleistungen in Anspruch genommen werden könnten.

Teil der Forderungen erfüllt

Damit scheint sich eine Tür zu öffnen, um Cameron zumindest einen Teil seiner Forderung zu erfüllen. Merkel geht davon aus, dass dies eine Veränderung der EU-Verträge erfordert. Eine Vertragsänderung noch vor dem Referendum gilt aber als unmöglich. Es seien sich deswegen alle einig, dass die Vertragsänderungen "nicht jetzt stattfinden müssen", sondern wenn die Verträge aus anderen Gründen geöffnet werden müssten. Einen entsprechenden Vorschlag hätten die Briten selbst gemacht.

Cameron sagte, er wolle einen Deal mit Brüssel über seine Reformwünsche im Februar. Dann kommen die Staats- und Regierungschefs wieder in Brüssel zusammen. Nach der Debatte hatte Cameron bereits "viel guten Willen" bei seinen Kollegen ausgemacht, es habe eine Dynamik gegeben, um eine Lösung in allen Reformfeldern zu erreichen.

Einigung bis Februar

Tusk gab sich nach den Verhandlungen "sehr viel optimistischer", dass bis zum Februar eine Einigung erreicht werden könne. Nur dann will Cameron für einen Verbleib des Königreichs in der EU werben. Da die Briten in der Frage über einen Verbleib in der EU gespalten sind, erscheint der "Brexit" derzeit nicht als unrealistisches Szenario - was dramatische Folgen für Großbritannien und die EU hätte.

Den EU-Gegnern auf der Insel reicht nicht, was Cameron am Freitag vom Gipfel zurückbrachte. Camerons Verhandlungen "führen zu nichts", schrieb UKIP-Chef Nigel Farage im Kurznachrichtendienst Twitter. Es sei "klarer denn je", dass Großbritannien nur durch einen EU-Austritt die Kontrolle über seine Grenze zurückerlange und nicht länger Millionen nach Brüssel überweisen müsse.