In der Flüchtlingskrise zeichnet sich langsam, aber sicher eine saisonale Auszeit ab. Die schwierigen Witterungsbedingungen auf der Hauptroute am Balkan lassen viele Schutzsuchende, vor allem Alte, Kranke und Familien, vor einer Reise in den Norden Europas zurückschrecken. Die Ursachen der Krise sind aber keineswegs vorbei.
In Österreich fiel die Zahl der Ankommenden erstmals seit Mitte Oktober unter 3.000 Menschen am Tag. Auch in den Durchreiseländern am Balkan und auf den griechischen Inseln - wo die meisten Flüchtlinge am Weg nach Europa eintreffen - wird die Lage für die Helfer einfacher, da immer weniger Menschen ankommen.
Bollwerk Serbien, Kroatien und Mazedonien
Eine Rolle beim Rückgang der Eintreffenden spielt auch das rechtlich und ethisch fragwürdige Vorgehen von Mazedonien, Serbien und Kroatien - alle drei Staaten lassen seit vergangener Woche nur noch Syrer, Iraker und Afghanen durchreisen. Flüchtlingen aus anderen Ländern, auch Bürgerkriegsstaaten wie Somalia und dem Kongo, wird der Eintritt verwehrt. Dies sorgt nicht nur die Hilfsorganisationen - Griechenland, wo die Flüchtlinge nun hängenbleiben, hält dies für einen Verstoß gegen die Prinzipien der EU. Denn grundsätzlich gilt das Recht auf Asyl nach der Genfer Konvention für alle und darf nicht willkürlich ausgelegt werden.
Der Krieg bleibt, die Fluchtbewegung auch
Für den Exodus aus den Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak und anderen Nachbargegenden der EU ist kein Ende abzusehen. "Europa sieht sich einem Kriegsbogen gegenüber, vom Kaukasus über Nahost bis Nordafrika. Wir haben keinen Anlass zu glauben, dass sich das bessert", sagte etwa Bundesheeranalytiker Walter Feichtinger der APA. Auch in Afghanistan, das nach Syrien die zweitgrößte Gruppe an Flüchtlingen in Europa stellt, ist der Krieg gegen die islamistischen Taliban auch in seinem 15. Jahr keineswegs gewonnen.
Ohne Friedenslösung in Syrien dürften die Flucht aus der Region weitergehen. Vier Millionen Menschen aus dem Konfliktgebiet leben unter ärmlichen Bedingungen in Nachbarländern wie der Türkei, dem Libanon und Jordanien in Zelten und Baracken. Radikale Einschnitte bei der Lebensmittelhilfe und ein Versorgungsengpass ab Dezember 2014, der bei vielen Familien Nahrung und Heizmaterial knapp werden ließ, trug zu der Massenfluchtbewegung nach Europa im heurigen Jahr bei.
Europa hilft nur zögerlich
Seither ist die Lage nicht wirklich besser geworden - die EU-Staaten stockten nur zögerlich ihre Hilfen auf. Österreich zahlt etwa erst dieser Tage fünf Millionen Euro an bereits vor längerem versprochener Hungerhilfe aus, weitere Gelder für den EU-Syrien-Fonds sollen nächstes Jahr fließen. Auch liegt die türkische Regierung wieder im offenen Krieg mit den Kurden, und im Libanon und Jordanien sorgen politische Probleme und soziale Spannungen für eine immer heiklere Lage für die Flüchtlinge.
Die Verschnaufpause bietet nun für die EU-Staaten, die am meisten Flüchtlinge aufnehmen - Deutschland, Schweden und Österreich - die Chance für die Vorbereitung weiterer Maßnahmen. Bisher drehte sich die Debatte vielfach um die Bereitstellung nötiger Unterkünfte und Maßnahmen zur Grenzsicherung - über die Wintermonate lassen sich auch längerfristige Herausforderungen wie die langfristige Unterbringung und Integration von Hunderttausenden neuen Mitbürgern in Angriff nehmen.