Nachdem die Ermittler Laptop und Smartphone des seit dem vergangenen Wochenende inhaftierten spanischen Prälaten Lucio Angel Vallejo Balda überprüft hatten, wurden Ermittlungen gegen weitere Personen aufgenommen, berichtete das Blatt. Die vatikanischen Staatsanwälte wollen außerdem Kontakte zur Justiz in Rom aufnehmen. Sie fordern Ermittlungen wegen Hehlerei gegen die Investigativjournalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi. Ihnen sollen die heiklen Dokumente über die Missstände im Vatikan zugespielt worden seien.
Vallejo Balda wird unter anderem beschuldigt, Gespräche des Papstes vor Kurienmitgliedern bei einer Diskussion über die Vatikan-Bilanzen im Juli 2013 aufgenommen zu haben, in denen der Heilige Vater auf Transparenz drängte. Darin betonte der Pontifex, dass die Zahl der Vatikan-Mitarbeiter in fünf Jahren um 30 Prozent gestiegen sei. Er klagte über mangelnde Transparenz bei den Ausgaben. Die Aufnahme wurde von Nuzzi in seinem Buch "Via Crucis" verwendet, das am heutigen Mittwoch auch im deutschsprachigen Raum erscheint.
Die mit Vallejo Balda festgenommene PR-Agentin Francesca Chaouqi verteidigte sich, indem sie dem Spanier die ganze Verantwortung für den Skandal in die Schuhe schob. "Vallejo Balda hat die Gespräche des Papstes aufgenommen", versicherte Chaouqi nach Angaben der römischen Tageszeitung "La Repubblica". Der Spanier hatte auf den Posten des Generalprüfers der vatikanischen Finanzen gehofft, die der Papst im Juni dem italienischen Laien Libero Milone anvertraut hatte. "Seitdem Milone ernannt worden ist, hat Vallejo Balda begonnen, gegen ihn einen Krieg zu führen. Milones Ernennung hat ihn bewogen, die Dokumente den Journalisten weiterzugeben. Ich habe damit nicht zu tun", versicherte die 32-jährige Chaouqi.
Die PR-Agentin erklärte, sie arbeite mit der vatikanischen Staatsanwaltschaft zur Klärung des Falls zusammen. Die Frau war am Samstag festgenommen und kurz daraufhin aus der Haft entlassen worden, weil sie im dritten Monat schwanger sei, berichteten italienische Medien am Mittwoch. Inzwischen nahm sich Chaouqui die Star-Rechtsanwältin Giulia Bongiorno als Verteidigerin, die dem verstorbenen italienischen Regierungschef Giulio Andreotti zum Freispruch in einem Mafia-Prozess verholfen hatte.
Der australische Kardinal George Pell, "Wirtschaftsminister" im Vatikan, gerät indes wegen angeblich verschwenderischen Umgangs mit Geldern unter starken Beschuss. In seinem am Mittwoch erschienenen Sachbuch "Avarizia" (Geiz) veröffentlichte Fittipaldi Dokumente, wonach Pells Büro in sechs Monaten über eine halbe Million Euro ausgegeben habe.