Die geforderte Summe von bis zu fünf Milliarden Euro für Nahrung, Unterkünfte, Unterricht und medizinische Versorgung sollen in einer Sofortmaßnahme für die größten Flüchtlingslager in den Nachbarländern Syriens zur Verfügung gestellt werden. Das Soforthilfepaket soll Faymanns Vorstellungen zufolge beim EU-Sonderrat am Mittwoch und im Rahmen der darauf folgenden UNO-Generalversammlung auf Schiene gebracht werden. Den Vorstoß wollte Faymann auch mit dem französischen Premierminister Manuel Valls, dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven, dem deutschen Vizekanzler Sigmar Gabriel und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in Wien besprechen.

In einem Interview mit dem ORF-Fernsehen, dessen Ausstrahlung für Freitag ab 22:10 Uhr in der "ZiB 2" vorgesehen war, erklärte Faymann laut seinem Büro: "Viele Leute sind in der Türkei oder Jordanien in Flüchtlingslagern, wo wir unbedingt Geld in die Hand nehmen müssen, damit sie dort menschenwürdig bleiben können. Wenn wir es nicht schaffen, in den Flüchtlingslagern ein friedliches Leben zu organisieren und gleichzeitig Hotspots an den EU-Außengrenzen zu etablieren, dann ist die Aufnahme alleine in Deutschland, Schweden und Österreich nicht möglich. Es muss an die Wurzel des Problems gegangen werden."

Weiters betonte der Kanzler: "Das Wichtigste ist, dass wir ausreichend Mittel für die UNHCR-Lager zur Verfügung stellen. Wenn wir uns dann noch einigen, dass wir in Griechenland die Außengrenze schützen plus Hotspots einrichten, dann würden wir etwas zweites Wichtiges bewirken."

Er sei sich bewusst, dass am Mittwoch beim Sonderrat diese volle Solidarität wohl noch nicht erreicht werde, sagte Faymann, zeigte sich aber zuversichtlich: "Ich weiß aus den Treffen über Griechenland: Wenn man ein paar Mal miteinander diskutiert, und man es ernst meint, dann wird es zu einem Erfolg kommen. Und dazu gehen wir am Mittwoch den ersten Schritt."

Faymann wiederholte seine Forderung nach einer "fairen Verteilung" der Flüchtlinge innerhalb der EU: "Wir brauchen eine geordnete Regelung. Wir können nicht Dublin außer Kraft setzen, bevor wir eine bessere Regelung haben. Deshalb brauchen wir eine verpflichtende europäische Quote." Die sogenannte "Dublin-Regel" sieht vor, dass derjenige EU-Staat für ein Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Asylbewerber erstmals europäischen Boden betritt.

Es müssten jedenfalls "alle solidarisch bereit sein, mitzuwirken, damit das Menschenrecht auf Asyl gewährleistet werden kann", forderte der SPÖ-Bundeskanzler. "Jene, die dieses Recht nicht bekommen, die müssen ohnehin damit rechnen, dass wir sie zurückschicken. Aber jene, die ein Recht auf Asyl haben, dürfen nicht auf Stacheldraht und Militär stoßen. Da muss es schon in Griechenland eine gesicherte Grenze geben - mit einem Hotspot, wo man das Recht auf Asyl grundsätzlich abklärt."

Der schwedische Premier Stefan Löfven sagte zur "ZiB2": "Wir brauchen legale Möglichkeiten für Asylanträge. Wir müssen anerkennen, dass es eine Flüchtlingskrise gibt. Derzeit haben wir in Europa aber auch eine Verantwortungskrise. Wir können die Herausforderungen stemmen, aber dazu braucht es ein gemeinsames Handeln."

Löfven hatte bereits im Vorfeld des Treffens in einer Stellungnahme gegenüber der APA, alle EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, Verantwortung in der Flüchtlingskrise zu übernehmen. Es sei nicht akzeptabel, dass Deutschland, Österreich und Schweden, sowie noch ein, zwei andere Länder "die ganze Verantwortung schultern."

"Ich neige dazu, die Flüchtlingskrise als international zu bezeichnen, aber was wir in Europa haben, ist eine Verantwortungskrise", so Löfven. Schweden biete jedenfalls jedem, der komme, ein rechtsstaatliches Asylverfahren entsprechend internationalen Gesetzen. "Jeder, der triftige Asylgründe hat, kann bleiben, während die, die keine triftigen Asylgründe vorweisen können, auf eine ordentliche und humane Weise zurückgeschickt werden."