Die Parlamentswahl im hoch verschuldeten Griechenland nährt Befürchtungen, dass die Euro-Krise zurückkehrt. Von 2010 bis 2012 hatte die Spekulation die Euro-Zone ins Wanken gebracht. Griechenland hat zwar nicht einmal ein Fünfzigstel der Wirtschaftsleistung der 19 Euro-Länder, weil diese aber die gemeinsame Währung haben, wird der ganze Block von den Märkten in einen Topf geworfen.

Die finanzielle Lage ist niederschmetternd. Hellas hat Staatsschulden von 317 Milliarden Euro bei einer Wirtschaftsleistung (BIP) von 183 Milliarden. Das bedeutet eine Schuldenquote von 175 Prozent. Drei Viertel der Schulden entfallen auf die Hilfspakete von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds - von zusammen 256 Milliarden Euro, mit denen das Land vor der Staatspleite gerettet wurde.

Die Rettung kommt das Land teuer zu stehen. Es steht unter der Kuratel der Geldgeber, deren Expertenteam-Troika darauf achtet, dass die Gläubiger ihre Hilfe irgendwann und irgendwie zurückbekommen. Griechenland kann keine neuen Schulden machen, was das Land ja in diese Lage gebracht hatte. Ohne neue Schuldenmacherei - für die es mangels Bonität keine Geldgeber gibt - musste die Wirtschaft abstürzen, die Arbeitslosigkeit explodieren und die Armut dramatische Formen annehmen. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte seit 2008 von 233 auf 183 Milliarden. Weil zugleich die Schulden durch Hilfspakete von 225 auf 317 Milliarden anstiegen, scheint die Lage kaum beherrschbar.

Auch die Retter sind alles andere als froh. Die EU-Staaten tragen zwei Drittel der griechischen Staatsschulden, weil private Financiers sich mit Schaudern zurückgezogen haben. Durch die Rettung ist Griechenland nicht zu einem lebendigen Organismus erblüht, sondern zu einem Staatswesen in Agonie verwelkt. Die Sanitäter haben nicht bedacht, dass die Hilfe das Land so stark zurückwerfen und so die Schuldenproblematik nicht lindern, sondern verschärfen würde.

Eine von Griechenland ausgelöste Euro-Krise durch eine Spekulationswelle würde die EU voll treffen, weil es sonst kaum Gläubiger gibt. 256 Milliarden haben allein die Euro-Partner geschultert, davon ein Fünftel in Form direkter Darlehen, der Rest über Haftungen beim Euro-Rettungsschirm EFSF und über garantieähnliche EZB-Beteiligungen.

Für Österreich heißt das, dass die Steuerzahler gegenüber Griechenland Darlehensforderungen von 1,6 Milliarden haben und für weitere sechs Milliarden über Haftungen geradestehen. Dazu kommt eine Milliarde an Steuergeldern, die in die staatliche "KA Finanz"-Bank wegen der dort angehäuften Griechenland-Risiken gepumpt wurde. Schwer zu beziffern ist, wie viel von der Staatshilfe auf andere Banken entfallen.

In diesem Umfeld würde ein Schuldenschnitt, also ein teilweiser Schuldenerlass, wie er seit Wochen diskutiert wird, nicht reiche Finanzinstitutionen treffen, sondern die Euro-Länder und damit deren Steuerzahler. Das ist das Szenario, das jene gerne übersehen, die den Griechen auf diese Weise helfen wollen. Sollte Athen die Zahlungen einstellen, würde das nicht bedeuten, dass Österreichs Haftungen automatisch in Anspruch genommen würden, erklärt das Finanzministerium. Dazu kommt, wie der Grazer Nationalökonom Michael Steiner betont, dass die größten Gläubiger EZB und EFSF nach den bestehenden Verträgen einen Schuldennachlass gar nicht gewähren dürfen. Für einen Schuldenschnitt müssten erst die Regeln geändert werden.

Direkt und indirekt beträgt das österreichische Risiko gegenüber Griechenland mindestens sieben Milliarden Euro. Eine Milliarde ist schon abgeschrieben, über das Schicksal der anderen sechs fällen die Griechen am Sonntag eine Mitentscheidung.

Sie entscheiden deshalb am Sonntag nicht ganz allein, weil das Wahlergebnis erstens nicht bedeuten muss, dass alles Aus ist. Zweitens könnten Spekulanten selbst bei einem Wahlausgang, der für den Euro als schlecht gilt, zahm bleiben, Griechenland ist ein kleiner Fisch. Drittens werden die Retter diesmal nicht so überrascht sein wie einst. Viertens haben EU und EZB mit der Bankenunion ein Instrument in der Hand, das geeignet ist, Spekulanten in die Schranken zu weisen.