Alexis Tsipras lächelt, wirbt, strahlt, und das braucht nicht zu verwundern: Der Mann, der, wie er sagt, Griechenland vor der Troika retten will, hat allen Warnungen aus Brüssel zum Trotz beste Chancen, am Sonntag in Athen den Wahlsieg zu erringen. Umfragen zufolge hat der Chef des radikal-linken Syriza-Bündnisses seinen Vorsprung gegenüber den regierenden Konservativen von Premier Samaras ausgebaut – 4,2 Prozentpunkte sieht ihn das Institut Alco voran; 6,5 Prozentpunkte der Fernsehsender Skai.
Tsipras, der als 16-Jähriger seine politische Karriere bei der stalinistischen Kommunstischen Partei Griechenlands begann, hat seine europäischen Gläubiger zeitweilig in Schreckstarre versetzt. Er verspricht, was die vom Sparkurs gemarterten Griechen hören möchten: ein Ende des Sparkurses, einen Schuldenschnitt, neue Arbeitsplätze im Staatsdienst, Steuersenkungen, kostenlose Stromversorgung. In einem Land, in dem mittlerweile mehr als 300.000 Familien ohne Strom auskommen müssen, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, ist das Balsam auf die Seelen der Wähler. „So geht es nicht weiter“, sagen viele, „wir wollen einen Wechsel“. Und für den steht Alexis Tsipras.
Was wirklich von ihm zu erwarten ist, bleibt unklar: Tsipras hat viel versprochen, die Wähler werden es einfordern. Doch dass nach der Wahl tatsächlich die Totalkonfrontation mit Brüssel bevorsteht, der „Grexit“, also ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone, oder ein Staatsbankrott Athens, darf bezweifelt werden: „Alexi“, wie ihn seine Freunde nennen, habe sich in den vergangenen Wochen verändert, sagen Syriza-Vertreter, er sei reifer geworden. Tsipras wolle Griechenland nicht isolieren, sondern auf jeden Fall in der Euro-Zone halten; hinter den Kulissen sei er im Dialog mit den Geldgebern aus Europa.