Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hat in einem Video an die SPD-Mitglieder erklärt, dass er nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung steht. „Olaf Scholz ist der richtige Kanzlerkandidat“, sagte er darin am Donnerstag. Er habe sich nicht für eine Kandidatur ins Gespräch gebracht. Scholz stehe für das, was nun nötig sei, nämlich Erfahrung und Besonnenheit. Er forderte die Parteimitglieder auf, sich hinter Scholz zu stellen.
Er werde gemeinsam mit der Partei in den Wahlkampf ziehen. Er freue sich auf eine zweite Amtszeit als Verteidigungsminister, betonte Pistorius. „Kämpfen wir gemeinsam und geschlossen für eine zweite Amtszeit für den sozialdemokratischen Bundeskanzler Olaf Scholz.“
Nominierung von Scholz am Montag erwartet
Nach kontroverser öffentlicher Debatte ist damit der Weg für eine erneute Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz frei. Die Nominierung soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Montag in einer Sitzung des Parteivorstands erfolgen.
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition hatte sich in der sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) eine immer lauter werdende Debatte darüber entwickelt, ob es nicht besser wäre, mit Pistorius ins Rennen zu gehen. Mit Blick auf seine deutlich höheren Beliebtheitswerte und vermutete bessere Wahlchancen hatten sich immer mehr SPD-Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene offen für ihn ausgesprochen.
Die SPD-Spitze hatte sich hinter Scholz gestellt, aber nach der Entscheidung für eine Neuwahl am 23. Februar auch zunächst darauf verzichtet, ihn als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Mit einer Äußerung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass es „Grummeln“ in der Partei in der K-Frage gebe, begann die öffentliche Debatte.
Pistorius machte tagelang keine Anstalten, sie zu unterbinden. Im Gegenteil: „In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht“, hatte der SPD-Politiker erst am Montag bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau gesagt. „Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich noch Papst werde“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu. Allerdings sagte Pistorius dann auch noch zur Kanzlerkandidatur: „In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein.“
Scholz selbst hatte seinen Anspruch bereits im Juli erklärt, als der Bruch der Ampel-Koalition noch weit weg war: „Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden“, sagte er damals. In den vergangenen Tagen hatte er das nicht so klar wiederholt - offensichtlich um nicht den Eindruck zu vermitteln, er wolle sich selbst küren.
„Wahlsiegkonferenz“ am 30. November
Die nächste reguläre Sitzung des Parteivorstands mit seinen 34 Mitgliedern ist für den kommenden Montag, 11.30 Uhr, geplant. Anschließend wird am 11. Jänner noch der Parteitag über die Kandidatur abstimmen. Normalerweise ist das Formsache. Die erste offizielle Präsentation des Kandidaten soll aber früher stattfinden: Bei einer „Wahlsiegkonferenz“ am 30. November in Berlin.
Der derzeitige Verteidigungsminister gilt laut mehreren Meinungsumfragen als beliebtester Politiker der Bundesrepublik. Seine ruhige Art und klare Rhetorik hatten Pistorius während des Ukraine-Krieges viel Zustimmung eingebracht. Oft tritt er dabei im direkten Kontrast zu Bundeskanzler und nun wohl bald designierten Spitzenkandidaten Olaf Scholz auf. Dieser genießt jedoch in weiten Kreisen seiner Partei und der überwiegend linksorientierten Bundestagsfraktion mehr Rückhalt als Pistorius.
In einer kurzen Videobotschaft spricht Pistorius aber ohne Groll. „Soeben habe ich unserer Parteispitze mitgeteilt, dass ich nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers.“ Es sei seine souveräne, persönliche und ganz eigene Entscheidung, betonte Pistorius darin. Und: „Wir haben mit Olaf Scholz einen hervorragenden Bundeskanzler.“ Scholz sei “ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat“.