Die Abgeordneten des Europaparlaments haben am Donnerstag in Brüssel in einer chaotischen Abstimmung für eine Abänderung der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) gestimmt. Geplant war ursprünglich nur, den Zeitpunkt, ab dem die Regeln des bereits beschlossenen EU-Gesetzes greifen, um zwölf Monate zu verschieben. Die Europäische Volkspartei (EVP) brachte aber ein paar Tage vor der Abstimmung weitere Abänderungsanträge ein, von denen heute einige auch das Parlament passierten.

Turbulenzen vor Abstimmung zu EU-Entwaldungsgestz

Von Turbulenzen begleitet war die heutige Abstimmung über eine Verschiebung des bereits 2023 beschlossenen EU-Entwaldungsgesetzes. In letzter Sekunde hatte die EVP, die ursprünglich für das Gesetz gestimmt hatte und mittlerweile dessen Abschwächung fordert, eine Reihe von Änderungsanträgen eingebracht, unter anderem um eine Verschiebung um zwei Jahre statt um ein Jahr zu erreichen – sehr zum Missfallen der Befürworter, etwa den Grünen. Der Streit reichte über das eigentliche Thema hinaus, weil derzeit auch das Ergebnis der Hearings für die neuen Kommissare in der Luft hängt und die Mitte-Links-Parteien der EVP eine Annäherung an die Rechtsparteien vorwerfen.

EVP zog sechs Änderungsanträge zurück

Unmittelbar vor der Abstimmung zog die EVP gleich sechs der Änderungsanträge zurück, dann wurde es turbulent: Das neu installierte Abstimmungssystem im Brüsseler EU-Parlament versagte bei einer Reihe von Abgeordneten den Dienst, sie erhoben laut Einspruch und mussten zum Teil die Geräte wechseln. Schließlich ging alles durch, was am Tisch lag: Der Beginn der Verordnung wird um ein Jahr auf Ende 2025 verschoben, neu hinzukommen soll eine vierte Kategorie für „kein Entwaldungsrisiko“. Unternehmen und Behörden aus derart eingestuften Ländern oder Regionen wären praktisch von den Regeln der Verordnung ausgenommen. „In Ländern mit stabiler oder zunehmender Entwicklung von Waldgebieten ist das Risiko der Entwaldung gemäß der Verordnung unwesentlich oder gar nicht vorhanden. Daher bestehen ernsthafte Zweifel an der Zielausrichtung und der Verhältnismäßigkeit der Verordnung“, wird der Änderungsantrag begründet.

In einer ersten Reaktion zeigten sich österreichischer Bauernbund und ÖVP-EU-Abgeordneter Alexander Bernhuber sehr erfreut: „Die Umsetzung wurde endlich auf ein realistisches Maß zurückgeholt“, so Bernhuber. Nun müssen sich Kommission und Rat mit der neuen Lage beschäftigen.

Null-Risiko-Kategorie eingeführt

Demnach soll die EU-Kommission nun auch Länder oder Regionen bestimmen können, in denen es kein Entwaldungsrisiko gebe. Produkte aus diesen Gegenden wären dann von den Regeln der Verordnung weitgehend ausgenommen. Ein Antrag der EVP wurde abgelehnt, weitere hatte die konservative Fraktion kurz vor der Abstimmung selbst zurückgezogen. Diese hätten Händler von den Regeln ausgenommen und die Verschiebung auf 24 Monate verlängert. Dafür, warum die EVP diese Anträge zurückgezogen hat, gab es zunächst offiziell keine Erklärung.

Die Änderungen wurden vor allem mit den Stimmen der EVP und den weiter rechts stehenden Fraktionen abgenommen - teils unter empörten Protestrufen aus der linken Hälfte des Plenarsaals. Da nicht nur die Anwendungsfristen geändert, sondern auch für inhaltliche Änderungen gestimmt wurde, werden nun Verhandlungen notwendig zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und Rat der EU-Mitgliedstaaten.

Der Vorschlag der Kommission - dem die EU-Staaten bereits zugestimmt haben - sah nämlich nur eine Verschiebung vor, ohne dass der Inhalt des Gesetzes (das formal rechtlich bereits in Kraft ist; Anm.) geändert wird. Theoretisch könnte die EU-Kommission ihren Vorschlag auch zurückziehen - dann gäbe es aber auch keine Verschiebung und die Regeln der Verordnung könnten bereits mit Ende des Jahres für die betroffenen Unternehmen schlagend werden.