Die Besten kommen zuletzt, in diesem Fall die Kandidaten für die höchsten Positionen in der neuen EU-Kommission, die jeweils im Rang von exekutiven Vizepräsidenten agieren sollen. Sie wurden am Montag, am letzten Tag der Hearings im EU-Parlament, von den zuständigen Ausschüssen „gegrillt“ – zunächst ohne Ergebnis, die entscheidenden Sitzungen im Anschluss wurden vertagt. Als Ersten traf es den Italiener Raffaele Fitto. Er gehört zu Giorgia Melonis „Fratelli d´Italia“ und damit zur rechten EKR-Fraktion. Ein Rechtsaußen-Politiker als Vizepräsident (und verantwortlich für die hoch dotierte Regionalpolitik), das ist dann vor allem die Parteien links der Mitte zu viel, sie ließen kein gutes Haar an den Argumenten des Italieners.
Sozialdemokraten, Liberale, Grüne und Linke warfen ihm vor, weiterhin rechtspopulistische Ideen statt demokratischer Werte zu vertreten. Während sich Ausschussmitglied Alexander Bernhuber (ÖVP) zunächst nicht festlegen wollte (“wir werden beraten“), fiel etwa das Urteil der österreichischen Grünen Thomas Waitz und Lena Schilling eindeutiger aus: „Fittos Ansichten zur Rechtsstaatlichkeit sind problematisch, seine realitätsverweigernden Antworten zum Green Deal zeigen, dass er die Klima- und Biodiversitätskrise nicht ernst nimmt.“ Fitto sei für die hohe Position weder geeignet noch zeige er die nötige Überzeugung.
Auch Kallas muss noch warten
Auch der Estin Kaja Kallas, die als Hohe Außenbeauftragte Nachfolgerin von Josep Borrell werden soll, schlug ein scharfer Wind entgegen. Sie gilt als scharfe Gegnerin Russlands und tritt für die Unterstützung der Ukraine sowie eine rasche Aufnahme in die EU ein, was wiederum im rechten Lager nicht gut ankam. „Mit solchen Aussagen disqualifiziert sich Kaja Kallas als Außen- und Sicherheitsbeauftragte“, reagierte der FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Harald Vilimsky.
Es folgten der langjährige EU-Abgeordnete und kurzzeitige französische Außen- und Europaminister Stéphane Séjourné und die rumänische EU-Abgeordnete Roxana Mînzatu, am Abend dann die spanische Ex-Ministerin Teresa Ribera Rodríguez sowie die finnische Ex-Ministerin und EU-Parlamentarierin Henna Virkkunen. Das Voting für die Sozialdemokratin Ribera sei mit dem Abschneiden von Fitto verknüpft, heißt es aus Parlamentskreisen. Ob alle durchgewunken werden, wird sich aller Voraussicht nach im Lauf des Dienstag zeigen, wirklich offen ist derzeit nur der Ungar Oliver Varhelyj. Er musste schriftlich weitere Fragen beantworten, die Abstimmung darüber soll am Mittwoch erfolgen. Eine endgültige Entscheidung über die gesamte Kommission erfolgt in Form einer Abstimmung im EU-Parlament noch im November.