Im Sommer 2022 war es, als Donald Trump auf der Wahlkampfbühne Elon Musk noch offen als „Bullshit Artist“ beschimpfte – also als jemanden, der viel Mist erzähle. Trump, ausgerechnet! Der Hightech-Krösus, der Bewunderung genauso braucht wie Kritik als Reibefläche, konterte, dass Trump tunlichst „in den Sonnenuntergang segeln“ solle. Nun ging die Sonne für den Republikaner erneut hell auf – und Musk ist mit von Trumps Partie, die bis zum Jänner 2025 offiziell Aufstellung nehmen wird.
Umgerechnet 111 Millionen Euro investiert
Und wie! Die Wahlnacht verbrachte der 53-Jährige als Trumps Gast in dessen Luxus-Anwesen Mar-a-Lago in Florida. Zuvor hatte der Milliardär in Trumps Wahlkampf umgerechnet 111 Millionen Euro gepumpt – dafür hätte Trump ziemlich viele T-Shirts, Turnschuhe, Münzen, Armbanduhren oder in China gedruckte Bibeln verkaufen müssen. Nebenbei machte er Wählern Geldgeschenke. Musk durfte dafür mit auf die Wahlkampfbühne, seine Auftritte, bei denen er herumsprang, sorgten für Spott. Die Trump-Wählerschaft schien und scheint indes zu goutieren, dass man den streitbaren Elektroautohersteller aus dem rechten Lager im Paket mitgeliefert bekommt.
Musk mag man mit nüchterner Ratio nicht beikommen – doch ein Narr ist er ganz sicher nicht: Seine Firmen – vom Elektroautohersteller Tesla über den Raumfahrtkonzern SpaceX und das Satellitennetzwerk Starlink hin zum Hirnchip-Startup Neuralink – hängen in hohem Maße von Vorschriften und von Subventionen der Regierung ab. Hier kann er fest auf die nun nahende Ära Trump 2.0 zählen und darauf vertrauen, dass seine Unternehmen nicht übermäßig mit Kontrollen behelligt werden. Bundesbehörden sollen laut Insidern nicht zuletzt darauf verzichten, weil Musk den Markt in wichtigen Branchen wie E-Mobilität und Raumfahrt derart dominiert: Ohne SpaceX ginge bei der nationalen US-Raumfahrtbehörde NASA bei Einsätzen nicht mehr allzu viel. Am ehesten wird abzuwarten sein, wie Trumps Devise „Drill, Baby Drill!“ für noch nie dagewesene Ölförderung in den USA mit nicht fossilen Batterieautos in Einklang zu bringen ist.
Trump und Musk wollen ohne Scham und Regulativ alle Hebel bedienen. Dem in die USA emigrierten Südafrikaner gehört bekanntlich die Nachrichtenplattform X, über die er massiv Wahlkampf betrieb und Kamala Harris attackierte. Das „soziale Netzwerk“ dürfte Trump auch künftig sehr zu Diensten sein. Laut Bericht der „New York Times“ arbeitete X direkt mit der Trump-Kampagne zusammen, um unerwünschte Inhalte wieder von der Plattform löschen zu lassen. „Musk scheut sich nicht, Falschdarstellungen und Unwahrheiten zu verbreiten, die Trump helfen“, bilanzierte Politikwissenschaftler Larry Sabato von der Universität Virginia vor der nun geschlagenen Präsidentschaftswahl.
Musk ist längst zu Trumps oberstem Propagandisten geworden. Von Demokratie hat er eigene Vorstellungen, die sich aber mit jenen des 47. US-Präsidenten decken: Kompromisse? Respekt für Andersdenkende? Musk telefoniert laut „Wall Street Journal“ seit 2022 offenbar lieber regelmäßig mit dem russischen Kriegsherren Putin. So oder so: Ein Regierungsamt scheint dem 53-Jährigen sicher zu sein – „Effizienz-Zar“ zur Entrümpelung der Bürokratie solle er werden, ließ Trump mehrfach wissen.
Vergleiche mit dem „Vergoldeten Zeitalter“
Längst werden hier Vergleiche mit dem „Vergoldeten Zeitalter“ (“Gilded Age“) gezogen: Ende des 19. Jahrhunderts hatten Wirtschaftsmagnaten wie Ölbaron John D. Rockefeller enormen Einfluss auf die US-Regierungspolitik und profitierten davon geschäftlich, aber auch in ihrem Status enorm. Wie stark die Wechselwirkungen sind, zeigte sich schon nach der Wahlnacht: Für die investierten 111 Millionen Euro war Musk durch einen 15 Prozent-Kurssprung der Tesla-Aktien plötzlich umgerechnet zwölf Milliarden Euro reicher. „Die Zukunft wird fantastisch“, jubelte er nach Trumps Wahlsieg brav – nun, für ihn selbst mit ziemlicher Sicherheit.
202 Millionen Follower auf X
Auch Musk macht – wie Trump – nichts ohne Eigennutz, und nebenbei wird so das Ego eines charakterlich nicht gerade unauffälligen Narziss/Midas gut genährt: Sein innerer Drang, sich mit Postings wie Trump auch des Nächtens in alle erdenklichen politischen Themen mit reichweitenstarken Postings einzumischen, war schon in den letzten Jahren in der Ära Joe Biden offensichtlich. Derzeit hat er auf X über 202 Millionen Follower. Trump weiß andererseits nur zu gut, dass sich Musk in seinem Kabinett perfekt verkaufen lässt: Dieser steht für Erfolg und Innovation.
Der Knackpunkt könnte trotzdem einmal kommen, und zwar auf persönlicher Ebene: Es sind zwei Ich-AGs im Wechselspiel, deren dauerhafte Eintracht abzuwarten bleibt. Für das gewöhnliche amerikanische Volk ist offen, was es von dieser Allianz hat. Sowohl der jetzt vom Wähler mit geradezu absoluter Macht ausgestattete Milliardär Trump als auch Milliardär Musk sind von der Basis, die darum ringt, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, beinahe so weit entfernt wie der Mars, zu dem der SpaceX-Chef einmal fliegen will.