Zum fünften Mal trafen sich, diesmal in Budapest unter ungarischem Ratsvorsitz, die 47 europäischen Staats- und Regierungschefs der „Europäischen Politischen Gemeinschaft“. Der erweiterte Kreis geht auf eine Initiative Emmanuel Macrons zurück und verbindet die 27 EU-Länder mit allen anderen Europäern, von der Türkei über den Westbalkan bis ins Vereinigte Königreich. Der „Supergipfel“, dem am Freitag ein informeller EU-Gipfel folgt, steht natürlich im Zeichen der US-Wahl – obgleich so gut wie alle bemüht waren, Gelassenheit zu demonstrieren.  „Wir werden mit der neuen Trump-Regierung auf eine gute Art zusammenarbeiten“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor dem Treffen. Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist es „oberstes Ziel“, „einen Wirtschaftskrieg zu verhindern“.

Von der Leyen verwies auf die erste Präsidentschaft des Republikaners, aus der sie Erfahrung gesammelt habe. „Wir werden zusammen analysieren, was unsere gemeinsamen Interessen sind, und damit arbeiten“, so von der Leyen. Nehammer betonte erneut, dass die USA das zweitwichtigste Exportland für Österreich seien. Mit der nächsten US-Regierung brauche es „intensive Verhandlungen“ - auch was die Unterstützung der Ukraine betrifft. Man müsse „miteinander reden“ und die ersten Schritte der Trump-Regierung abwarten, sagte der Kanzler. Auch EU-Ratspräsident Charles Michel, für den es sein letztes Gipfeltreffen ist, sagte, es sei nötig, die Ukraine weiter zu unterstützen und nicht aufzugeben. Die EU wolle ihre Beziehungen mit den USA weiter vertiefen, betonte Michel. Unabhängig von dem Ausgang der US-Wahl sei es aber wichtig, dass die EU unabhängiger werde: „Nicht wegen Donald Trump oder Kamala Harris, aber für unsere Kinder“.

„Russland hat schon mehr Land als jeder andere“

Mit Spannung wurde die Rede von Wolodymyr Selenskyj erwartet, zumal Gastgeber Viktor Orbán ein Unterstützer Donald Trumps ist. Selenskyj nutzte die Chance zu einer Brandrede. Er habe selbst bereits mit Trump gesprochen, „eine gute und konstruktive Konversation“. Selenskyj wies darauf hin, dass seit dem letzten EPG-Treffen Russland die Angriffe verstärkt habe und nun auch Nordkoreaner auf europäischem Gebiet im Kampfeinsatz stünden. Es gäbe viele Vorschläge, um eines Friedens willen „Konzessionen“ einzugehen. Doch: „Das ist für uns nicht akzeptabel und käme einem Selbstmord gleich. Was folgt dann? Soll Europa auch Kim Jong Un einen Gefallen tun, damit er Europa in Ruhe lässt?“ Frieden sei der Lohn des Stärkeren, Einheit Voraussetzung für Stärke. Und weiter: „Russland hat seinen Krieg nicht begonnen, um Territorien zu erobern – es gibt dort mehr Land als irgendwo anders. Sie wollen globale Macht, zuerst über die Ukraine und dann über Sie alle, so wie sie es am Beginn der Sowjetunion gemacht haben.“ In Budapest müsste man sich noch gut erinnern können, wie sowjetische Panzer aussehen.

Der Präsident erneuerte seine Bitte um mehr Waffen („Manche von euch umarmen Putin seit 20 Jahren, aber nichts ist dadurch besser geworden“), kam auf seinen Friedensplan zu sprechen und darauf, dass letzten Endes Russland für den angerichteten Schaden zu zahlen habe. Das gelte für eingefrorene Vermögenswerte („Genau genommen ist das ukrainisches Geld, wir haben den Schaden“) und über den Umweg funktionierender Sanktionen. So manche europäische Initiative sei fehlgeschlagen: „Je näher ein Land an Russland ist, desto sinnloser wird das Konzept der Neutralität.“ Am Beispiel Schwedens und Finnlands sei zu sehen, dass die einzige echte Sicherheitsgarantie die Nato sei.

Migrationsgespräche unter österreichischer Führung

Zweites großes Thema neben Donald Trump ist die Migration, dabei kommt dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer eine besondere Rolle zu, er leitet einen Roundtable in der Angelegenheit. Die Staaten des Westbalkans seien für Österreich wichtige Partner im Kampf gegen illegale Migration, man werde gemeinsam konkrete Maßnahmen besprechen, so der Kanzler.