Vor vier Jahren verließ Donald Trump das Weiße Haus als Unvollendeter. Nur ein Stückwerk seiner Vorhaben konnte er realisieren. Viel zu oft kamen ihm Berater, Beamte sowie die Gewaltenteilung in die Quere, die seine radikalen Fantasien nicht umsetzen wollten. Seine Pläne, eine Mauer an der Südgrenze zu Mexiko zu errichten, scheiterten am Senat. Die Idee Trumps, 2020 auf „Black Lives Matter“-Demonstranten mit Militärgewalt zu reagieren, wurde von seinem Verteidigungsminister Mark Esper nicht realisiert. Trumps Vorhaben, in der Ukraine belastendes Material über Joe Biden und dessen Familie zu sammeln, um ihm im Wahlkampf zu schaden, wurden von seinem Sicherheitsberater John Bolton öffentlich gemacht.

Komfortable Mehrheit im Senat

Aus all diesen Erfahrungen hat er gelernt. Die Erwachsenen im Raum, wie Bolton und Co. in den Medien genannt wurden, sollen ihm dieses Mal nicht stören. Unter „Trump zwei“ wird Loyalität zum Trumpf. Durch die Mehrheit der Republikaner im Senat, wo Minister mit einfacher Mehrheit bestätigt werden müssen, kann Trump sein Kabinett nahezu nach Belieben mit ihm treuen Anhängern besetzen. „Der Polster ist dieses Mal größer, auch wenn ein oder mehrere Republikaner gegen seine Vorhaben stimmen, dürfte er eine Mehrheit erreichen“, sagt Jason Altmire, der sechs Jahre lang für die Demokraten im US-Repräsentantenhaus saß.

Hinzu kommt: Viele Senatoren haben dank Trump auch ihre Wahlen gewonnen. „Trump hat die Partei neu ausgerichtet und mehr junge Männer und Latinos erreicht, als jeder andere republikanische Kandidat in den vergangenen Jahren. Das hat die Wahlbewegung für die Partei noch breiter gemacht“, sagt der ehemalige Sicherheitsberater von George W. Bush, Mark Pfeifle. Mit einer breiten Wählerbasis im Rücken könnte Trump in seiner zweiten Amtszeit auch die Justiz weiter umbauen. Während seiner ersten Amtsperiode ernannte Trump mithilfe des Senats bereits drei konservative Richter und verschob somit das Gewicht am Supreme Court. Eine Fortsetzung ist möglich.

Demokraten bleibt ein Ausweg

Den Demokraten bleibt da nicht viel Handhabe, außer die sogenannte „Filibuster“-Regel: Einzelne Senatoren können die Abstimmung über ein Gesetzesvorhaben verzögern. Nur eine „Super-Mehrheit“ von 60 Senatoren kann diesen „Filibuster“ brechen. Diese Mehrheit haben die Republikaner zum jetzigen Stand nicht erreicht. Auch die von Trump mehrfach angekündigte Abschaffung des Bildungsministeriums bräuchte diese 60 Stimmen.

Trump ist aber nicht nur personell vorbereitet, sondern dank der Heritage Foundation und deren „Project 2025“ auch inhaltlich. Die konservative Denkfabrik hat auf 880 Seiten dem Republikaner ein nahezu maßgeschneidertes Programm verfasst, in dem sie versprechen, „den Schaden, den die Linken angerichtet haben, mit einer strikt konservativen Agenda zu ersetzen“.

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Trumps Grenzmauer soll fertig gebaut und die Einwanderungsgesetze verschärft werden. Die Inhaftierung und Abschiebung illegaler Einwanderer, für die Trump im Wahlkampf immer Falle von Mord noch die Todesstrafe forderte, ist für die Heritage Foundation wie für Trump von „entscheidender Bedeutung“.

Unter Trump kann sich der Staat ändern

Die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde, zu der auch der Wetterdienst oder das US-Hurrikanzentrum gehören, könne nun auch aufgelöst werden, weil sie - wie im Project 2025 beschrieben - „einer der wichtigsten treibenden Kräfte der Klimawandel-Alarmindustrie“ sei. Ihre Funktionen sollen auf andere Behörden übertragen oder privatisiert werden. Ein Ministerium für Gesundheitspflege und soziale Dienste soll hingegen für „eine biblisch begründete, sozialwissenschaftlich untermauerte Definition von Ehe und Familie“ einstehen. Abtreibungsregelungen sollen damit weiter erschwert werden.

Wenn Trump will, kann er viele dieser Ideen umsetzen. Das Wahlergebnis macht ihm das Regieren leicht und verleiht ihm Selbstvertrauen. „Trump fühlt sich durch die Wähler in seiner Sache gestärkt und wird schnell viel umsetzen wollen“, sagt Pfeifle. Laut ihm müsse Trump das Wahlergebnis aber in der richtigen Relation sehen: „Das war kein Erdrutschsieg. Die amerikanische Bevölkerung hat nicht gesagt: Wir wollen ‚Make America Great‘ und Trumps Politik aus seinem Wahlkampf.“ Die angespannte Wirtschaftslage und die hohen Preise hätten Trump das Comeback ermöglicht. hier müsse er liefern.

Um seine Bewegung langfristig zu sichern, muss der 78-jährige Trump jedoch auch an die Zukunft denken. „Nur wenn er bereit ist, sein Scheinwerferlicht zu teilen, kann er ein Erbe hinterlassen, das länger als die vier Jahre seiner zweiten Präsidentschaft anhält“, sagt Pfeifle. Dafür müsste er das schaffen, was Joe Biden nicht getan hat: Seinem Vizepräsidenten J.D. Vance genug Handlungsspielraum und die nötigen Machthebel überlassen, um selbst Erfolge zu feiern. „Das ist die einzige Möglichkeit, wie daraus eine Bewegung entstehen könnte, abseits des Personenkults um Trump.“ Dann wäre Trump vollendet.